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die unbeliebteste Persönlichkeit im Ort war, wurde zum allgemeinen Gaudium der Ortsbewohner in gleich unbarmherziger Weise vermöbelt. Es war eine Freude zu sehen, wie nach einer solchen Redeschlacht die Augen der Versammlungsteilnehmer glänzten und wir wurden immer um baldiges Wiederkommen ersucht. Zu unserem großen Leidwesen erschienen die einmal eingeschlachteten Kämpfer ein zweitesmal nicht mehr auf der Bildfläche.

In den Städten hatten wir eine andere Spezies Kämpfer mit geistigen Waffen gegen uns, Real- und Gymnasiallehrer, die meistens den Professortitel führten und sich infolge dessen für befähigt hielten, uns tot zu machen.

Die Aermsten, die meistens keine Ahnung vom wirklichen Leben hatten, dagegen über viel Buchweisheit verfügten, die sie in breitester Weise auskramten, waren die allerungeeignetsten Gegner und es war ein leichtes für uns, sie mit den nackten Tatsachen gleichfalls gründlichst abzuführen.

Zugegeben muß indes werden, daß dieser Kampf mit wenigen Ausnahmen anständig geführt wurde. Es waren wirklich geistige Waffen, mit denen man kämpfte.

Einer dieser Streiter in unserer Stadt war der ehemalige Reichstagskandidat der Deutschen Partei, der damalige Professor und wenn ich nicht irre jetzige Oberstudienrat E. in Stuttgart. Auch er wagte ein Tänzchen, ließ es aber infolge der Abfuhr, die er sich holte, bei dem einen Mal bewenden, nicht etwa deshalb, weil er unanständig behandelt worden wäre. Er selbst erklärte, daß er nach den Informationen der von ihm gelesenen Zeitungen nicht geglaubt hätte, daß in unseren

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Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)