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ebenso einsilbiges „ni – ni“ von sich, das obendrein mit dem „noch – noch“ den Konsonanten „n“ gemeinsam hat: so daß also Schiller durch sein klassisches Vorbild in der Entscheidung für das „noch – noch“ nur bestärkt werden konnte.

Sieht man aber genauer zu, so geboten Schiller auch noch andere, künstlerisch-speziellere Gründe mit aller Entschiedenheit die Wahl des „noch – noch“. Vergegenwärtigen Sie sich zu diesem Behufe den betreffenden Auftritt des Carlos-Dramas. Der finstere Alba und der schwarze Domingo stehen beisammen, nächtiges Unheil brütend. Dieser tiefdüsteren Färbung des Auftritts mußten auch die Laute der ersten, knappen Worte von Domingos Antwort auf Albas Frage möglichst entsprechen, und zwar vor allem in ihren Vokalen. Diese Vokale mußten also möglichst dunkel sein, um so mehr, als der helle I-Laut in „Sie“ und „ich“ nicht zu vermeiden war; die gleichfalls sehr hellen Vokale des „weder – weder“ hätten die ganze Stimmung der Szene vernichtet, und auch das profan-korrekte „weder Sie, – noch ich“ hätte da so gut wie nichts gebessert, weil es gerade am Beginne der Antwort gleich drei der hellsten Vokale gebracht hätte, gegen deren Lichtfülle das vereinzelt nachhinkende dunkle „noch“ gar nicht mehr erfolgreich hätte ankämpfen können. Als einzig künstlerische Möglichkeit blieb daher unserem Schiller nur mehr das „noch – noch“ übrig, das obendrein den unschätzbaren Vorteil bot, Domingos Antwort gleich mit dem tiefdunklen O-Vokal zu beginnen und hiermit die charakteristisch düstere Wirkung des Auftritts suggestiv zu erzwingen. Dabei ist auch sehr zu beachten, daß die Vokalfolge

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Hanns von Gumppenberg: Das teutsche Dichterroß. Callwey Verlag, München 1929, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gumppenberg_Dichterross_0158.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)