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nachdem er aus der Froschgestalt erlöst ist, seiner Braut beim Abschied ein Tuch, worin sein Name rot geschrieben ist. Wenn der schwarz werde, so sei er tot oder ungetreu[1]. Einmal sieht die Braut mit Leidwesen, daß der Name wirklich schwarz geworden ist. Da verkleidet sie sich mit ihren beiden Schwestern in Reiter und sucht den Königssohn auf, und sie verdingen sich bei ihm. Man bekommt Verdacht gegen sie und streut Erbsen; denn wenn sie fielen und wären Mädchen, so würden sie erschrecken, wären es Männer, so würden sie fluchen.[2] Sie haben aber den Anschlag vernommen, und wie sie über die Erbsen fallen, fluchen sie. Als hernach der Königssohn mit der falschen Braut wegreist, müssen die drei dem Wagen nachreiten. Unterwegs hört der Königssohn ein lautes Krachen und ruft: ‘Halt, der Wagen bricht’; da ruft die rechte Braut hinter dem Wagen: ‘Ach nein, es bricht ein Band von meinem Herzen.’ So kracht es noch zweimal, und jedesmal bekommt er dieselbe Antwort.[3] Da fällt ihm die rechte Braut wieder ein; er erkennt sie in dem Reiter und hält Hochzeit mit ihr.

In einer vierten Fassung aus Ostpreußen, die Funk (Neue preuß. Provinzialblätter 6, 313. 1848: ‘Von eener Königin on eenem Pogge’) in der Mundart mitteilt, verlangt der Frosch, der den ins Wasser gefallenen Ring der Prinzeß wiedergebracht hat, daß diese und nicht ihre Magd ihm öffne, Essen bereite, den Tisch decke und das Bett mache:

Nich de Köke, nich de Köke,
Schöne Königinne!
Wöll juh weete,
Wo juh seete
An dem Fleete,
Wo ju juhnem Ring verlare
On tomm Manne mie erkare,
Schöne Königinne!


  1. Vgl. unten Nr. 60. 97.
  2. Vgl. Nr. 67. Gonzenbach nr. 17.
  3. In einem ostpreußischen Märchen (Lemke 2, 142) reitet die vergessene Braut als Jäger verkleidet mit dem Prinzen; da knallt unter ihrem Jägerrocke ‘der Ritterband’, den er ihr einst als Pfand seiner Treue gegeben, entzwei. ‘Was war das?’ fragt der Prinz. ‘Riß etwas am Sattelzeug?’ Vgl. auch Benfey, Pantschatantra 1, 267 und R. Köhler, Kleinere Schriften 1, 316 über die Reifen, die der schwangeren Frau um den Leib gelegt werden.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_003.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)