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Der Jarl Svein hielt sich auf dem Hofe Stenker in Drontheim auf, als ihm Bjoerns Ende im Zweikampf gemeldet wurde. In seinem Gefolge diente Bjoerns Bruder, Namens Hjarande. Dieser war über die Nachricht, daß sein Bruder von dem Isländer erschlagen sei, sehr erbittert und erbat von seinem Herrn, dem Jarl, Beistand, um den Übelthäter mit allem Nachdruck zu verfolgen.

Svein willfahrte ihm, sandte Boten zu Torfin und forderte den Gretter vor Gericht.

„Ich begleite dich,“ sagte Torfin. Und beide machten sich reisefertig.

Sie kamen nach Drontheim, stellten sich dem Jarl, und dieser berief eine Gerichtsversammlung, in welcher Hjarande die Anklage stellte.

Die nähere Untersuchung ergab, daß Gretter von Bjoern oft gereizt und schwer beleidigt sei.

Dann ergriff Torfin das Wort und sprach:

„Jarl Svein, du siehst hier einen Mann vor dir stehen, der sich um Norwegen wohl verdient gemacht hat. Er hat mit seiner Hand die Berserker erschlagen, welche uns überfielen, unsere Frauen beschimpften, unsere Höfe bedrohten. Die hat er durch seine Klugheit und Stärke bezwungen und damit dem Norden unseres Landes den inneren Frieden zurückgegeben!“ –

Der Jarl erwiderte: „Es ist wahr, was du sagst, Torfin. Gretter hat unser Land von einer schweren Plage befreit!“ –

„Ich selbst“, fuhr Torfin fort, „bin bei Gretter in tiefer Schuld. Ich bin darum bereit als Reugeld jede Summe für ihn zu zahlen, welche die Erben Bjoerns zufrieden stellen kann!“ Der Jarl sprach: „Ich rate dir, Hjarande, diesen Vorschlag anzunehmen, zumal Gretter so stark und der Kampf mit ihm ungleich ist!“ –

Hjarande lehnt es ab. „Ich will meinen Bruder nicht in meinem Geldbeutel mit mir herumtragen. Entweder räche ich Bjoern im Kampfe, oder ich teile sein Schicksal. Nur das Schwert kann hier entscheiden!“ –

Damit endete die Gerichtsverhandlung. Torfin hielt es nun für geraten, den Gretter nicht allein in Drontheim umhergehen zu lassen; sondern er beauftragte seinen Vetter Arnbjoern, den Gretter auf Schritt und Tritt zu begleiten. „Es ist gewiß“, sagte Torfin, „daß Hjarande dir heimlich nach dem Leben strebt!“ –

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/70&oldid=- (Version vom 1.8.2018)