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durchbrechen, beugte sich über das Schallloch des Kerkers, und rief hinab:

„Wie heißt du da unten, der du in so peinvoller Lage so fröhlich singen kannst, und wo stammst du her?“ –

Thorstein nannte Namen und Heimat.

Spes ließ ihn darauf fragen:

„Bist du in anderen Sachen auch so kundig, wie im Gesang?“

Thorstein erwiderte:

„Gering war bisher mein Können, wie mein Ruhm!“ –

Spes fragte weiter:

„Was hast du verbrochen?“

Thorstein antwortete:

„Meinen Bruder zu rächen, der in Island fiel, habe ich hier unter den Vaeringern den Übelthäter gesucht, gefunden und erschlagen. Ich kann es aber nicht durch Zeugen beweisen, daß es um der Blutrache willen geschah. Darum muß ich hier eingekerkert so lange schmachten, bis eine mitleidige Seele mich auslöst. Darauf zu hoffen, habe ich aber wenig Aussicht, denn alle meine Verwandte sind ferne.“

Spes sagte:

„Es wäre ein großer Schade, wenn du im Kerker sterben müßtest! – Aber sage mir: War denn dein Bruder, den zu rächen, du aus so weiter Ferne herkamst, ein so hochberühmter Mann?“ –

Thorstein gab die Antwort in einem Liede:

Hoch, wie die Berge,
Ragte der Held
Über die Zwerge! – –
Da dir’s gefällt
Mich zu ergründen,
Sag’ ich es laut:
Nichts war zu finden
Gleich Grettersnaut,
Scharf und gewaltig,
Wie es der Held
Noch in dem Tode
Umklammert hält! – –

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/285&oldid=- (Version vom 1.8.2018)