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„So muß mich meine Klugheit retten!“

„Wer sich in Gefahr begiebt, verdirbt darin!“ –

„Und wer rastet, der rostet! – Laß mich! – Ich habe die Leute von Reykir verständigt. Nächste Nacht kommt ein Schiff, mich zu holen. Du und Gloem, ihr beide bleibt hier zurück. Seid wachsam, und hütet mir die Leitern, daß kein fremder Vogel uns in das Nest fliegt!“ –

Illuge war bange über das abenteuernde Vorhaben seines Bruders; allein er war zu jung, um seinen Gründen ein starkes Gewicht zu geben. Und Gretter mit seinen mehr als doppelten Lebensjahren, mit seiner Erfahrung, mit seiner Heldenkraft stand ihm gegenüber in dem Ansehen eines Vaters, für dessen Wohl man betet und zittert, den man aber gleichwohl bewundert, und dem man niemals widerspricht.

In der nächsten Nacht verließ Gretter die Insel.

Bevor in der Mitte des Juni der Althing für die gesamten Angelegenheiten der Insel in Thingvalla zusammentrat, hielten die dreizehn unteren Thinge, von denen wieder jeder drei Godeämter umfaßte, ihre Vorversammlungen ab, damit, was hier ungesichtet und ungeschlichtet geblieben war, noch vor die höchste Berufungsinstanz, den Althing, gebracht werden konnte. Diese dreizehn unteren Thinge durften nicht kürzer als vier, nicht länger als acht Tage ihre Beratungen halten.

Auf diesen Gauversammlungen ging es im Kleinen gerade so zu, wie auf dem Althing im Großen. Rechtssachen wurden erledigt, Geschäfte wurden abgeschlossen, und der Geselligkeit wurde gepflegt, an welcher Männer, Frauen und junges Volk in munterster Weise teilnahmen, sich für die Abgeschlossenheit der Wintermonate entschädigend.

Der Hegranesthing war in diesem Frühjahr besonders stark besucht, und es herrschte dort viel Leben, weil die jungen Leute sehr zahlreich sich eingefunden hatten.

Die ernste Vormittagsarbeit der Männer war vorüber, und man sammelte sich am Nachmittag zu Kurzweil, Spiel und Tanz. Das Wetter war herrlich, und es wurde vorgeschlagen zu ringen. Erst sollten die Schwächeren, dann die Stärkeren, endlich die Stärksten paarweise sich messen. Spielordner waren die beiden Brüder aus Breidau, sehr geübte Ringkämpfer. Und Thorbjoern aus Vidvik, mit dem Beinamen Oengul, trieb alles Volk zusammen, und sorgte dafür, daß niemand sich dem angeordneten Kampfspiel entzog.

Alles lagerte im Kreise. Die Aufgerufenen traten vor und kämpften.

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/231&oldid=- (Version vom 1.8.2018)