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fleißig zu sein, fügte er sich nicht. Das gab zu wiederholten Reibungen Anlaß. – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Daher, als der Frühling kam, gab der Hausherr dem Gast einen nicht mißzuverstehenden Wink, abzureisen.

„Ich sehe, daß du nicht arbeiten willst, Gretter, und für dergleichen Leute habe ich hier keine Verwendung!“

Dazu kam, daß die Leute aus dem Hrutafjord von Gretters Aufenthalt Kunde bekommen hatten, und soeben sich sammelten zu einem Vorstoß gegen Ljaskogar.

Beides beschleunigte Gretters Abreise.

„Wo soll ich nun hin?“ fragte Gretter seinen Vetter.

„Ich rate dir, nach dem Südlande zu gehen, und unsere dortigen Verwandten aufzusuchen!“ –

Gretter befolgte diesen Rat und wandte sich nach Süden, umsomehr, als diese Gegend fernab von dem Hrutafjord, dem Sitz seiner Feinde, lag. So sprach er zuerst vor bei Grim Thorhallsohn. Dieser überwies ihn an den Gesetzessprecher Skapte auf Hjalte. Und von hier aus ging er nach Tunga zu Thorhall, dem Sohne des Asgrim.

Alle waren freundlich zu ihm, bewiesen Achtung vor seiner ungewöhnlichen Kraft, und Mitleid mit seinem beklagenswerten Geschick; aber auf längere Zeit wollte ihn doch niemand herbergen, und sich dadurch dem Kampf mit seinen Feinden aussetzen.

Als sein letztes Quartier, der Hof Tunga, in seinem Rücken lag, war er ratlos: „Wohin?!“ – –

Die Landstraße lag vor ihm, welche das Nordland mit dem Südlande verbindet. Sie war als einziger Verbindungsweg viel begangen, und führte durch ein ödes Hochgebirge. Der beherrschende Mittelpunkt war der Berg Kjoel, von dem aus man einen weiten Blick hatte, und die beiden Hälften der Straße eine gute Strecke weit, überschauen konnte.

Da kam Gretter der Gedanke, am Kjoel sich in den Hinterhalt zu legen, und die vorüberziehenden Reisenden auszuplündern, um so das zum Leben Notwendige sich zu verschaffen.

Eine Höhle bot ihm Obdach. Decken, Mäntel, Waffen wurden den Ausgeplünderten abgenommen, besonders aber Speisevorrat; da die völlig öde Felsengegend nichts darbot.

So war denn Gretter tief gesunken! – Aus einer ritterlichen Gestalt war ein gemeiner Straßenräuber geworden! – –

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Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/155&oldid=- (Version vom 1.8.2018)