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ihren Verkehr und ihre geschäftliche Tätigkeit sich eine wohltuende gesellschaftliche Sicherheit erworben hatte, konnte es zu ihrem eigenen Ärger nicht vermeiden, daß ihr beim Anblick Fritz Norgards helle Röte ins Gesicht flutete. Zum Glück konnte er dies beim Scheine der billigen Petroleumlampe, die dazu noch eine grüne Arbeitsglocke besaß, kaum bemerkt haben.

Die Begrüßung zwischen den beiden jungen Leuten, fiel heute etwas kühler und weniger kameradschaftlich aus als sonst. Auch Gerhard merkte sehr bald, daß der Kassierer sich in ziemlich gedrückter Stimmung befand. Und mit der Offenheit, die ihn in allem auszeichnete, fragte er dann auch sehr bald:[1]

„Fritz, ist Ihnen etwas Unangenehmes passiert? Als wir uns nachmittags, eigentlich war es ja schon abends, trennten, lag diese tiefe Längsfalte noch nicht auf Ihrer hohen Denkerstirn.“ – Absichtlich hatte er einen scherzhaften Ton angeschlagen. Aber Norgard ging nicht darauf ein.

„Mir ist allerdings etwas begegnet, das besser nicht geschehen wäre,“ erwiderte er in Erinnerung an seine vorschnelle Vertrauensseligkeit. „Aber ich trage selbst die Schuld daran. Und daher deutet die Stirnfalte lediglich an, daß ich mit mir selbst unzufrieden bin, recht sehr sogar. – Doch, sprechen wir von anderen Dingen. – Wie geht es Ihnen eigentlich, Fräulein Gertrud? Wir haben uns lange nicht gesehen.“

Sie hatten sich auf die drei vorhandenen Stühle um den Tisch gesetzt, den Gerhard in die Mitte des kleinen Zimmers rückte, und begannen nun eine Unterhaltung, der heute zum ersten Mal etwas gezwungenes anhaftete.

Norgard war sichtlich zerstreut und starrte immer wieder sinnend vor sich hin. Als sich Gertrud Sicharski dann kurz nach zehn Uhr verabschiedete, um ihr in einem entfernten Stadtteil gelegenes Heim aufzusuchen,

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Walther Kabel: Gräfin Trixchen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gr%C3%A4fin_Trixchen.pdf/53&oldid=- (Version vom 1.8.2018)