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Friedrich Sicharski rieb wütend mit dem Wolllappen auf dem Spiegelglase umher.

„Krüppel?! Lächerlich! Du scheust Dich nur, gerade bei Exzellenzens solche kleine Hilfeleistungen auszuführen. Das paßt Dir nicht – die jungen Damen könnten womöglich –“

„Vater, bitte – unterlaß diese Sticheleien! Ich denke, ich unterstütze Euch dadurch, daß ich Euch die Hälfte meines Lohnes übergebe, wohl genügend. Du kennst meine Absichten. Ich will nicht ewig das bleiben, was ich heute bin. Derartige Arbeiten, wie Du sie mir heute wieder zumutest, verletzen allerdings meinen Stolz. Trotzdem – ich werde Dir die Kleinigkeiten abnehmen. Erst möchte ich aber Kaffee trinken.“

„Jetzt um ein halb neun! Nette Ordnung. Na, Du pflegst Dich jetzt wenigstens ordentlich aus. Ich habe mein Lebtag noch nicht bis acht Uhr früh im Bett liegen können.“

Gerhard Sicharski preßte die Lippen zusammen. Die heftige Antwort, die ihm schon auf der Zunge schwebte, unterdrückte er wohlweislich.

„Du irrst,“ erwiderte er dann sehr ruhig. „Ich bin bereits seit sechs Uhr tätig gewesen.“

„Wohl wieder in den Büchern studiert?! Netter Unsinn! Wird Dir nie gelingen, Dein feines Examen abzulegen. Zeitvertrödelung, weiter nichts.“

„Das alles bleibt abzuwarten,“ erklärte der junge Mensch gleichmütig und schritt auf die Tür zu, die direkt vom Vorflur in das Wohnzimmer des Portiers führte. –

Frau Anna Sicharski, Gerhards Mutter, hatte schon die Kaffeekanne zurechtgestellt und empfing nun den einzigen Sohn mit einem herzlichen Händedruck.

„Hast wieder mit Vatern Streit gehabt, nicht wahr?“ fragte sie aufseufzend, indem sie ihm den Teller

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Walther Kabel: Gräfin Trixchen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gr%C3%A4fin_Trixchen.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)