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ihm schwirrten die Lerchen, ein kühlender Westwind säuselte in seinen Locken, und im Glanze der scheidenden Sonne blitzten die vergoldeten Spitzen der vier schönen hohen Thürme seiner Stammburg ihn an. Bitterlich weinte der leichtsinnige Jüngling, und aufrichtige Reue keimte ihm im Herzen.

Da stieg tröstend der Gedanke in ihm auf: „wie, wenn alles Täuschung meiner Einbildungskraft wäre?“ und ein Strahl von Hoffnung und Freude, daß es so seyn könne, fiel in seine Seele. Schon wollte er aufspringen und nach dem Schlosse zurückkehren, als er plötzlich fühlte, daß sich die Erde unter seinen Füßen bewegte. Voll Schrecken, sie würde ihren Rachen aufthun, ihn zu verschlingen, raffte er sich auf, ließ das Pferd im Stiche, und floh mit schnellen Schritten weiter. Nur einen Augenblick stand er still, um sich noch ein Mal an dem Anblicke seiner lieben Burg zu weiden. Er blickte nach ihr

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)