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Freunde des Vaters kamen nicht mehr nach Seeburg, und kein Ritter, der auf Ehre und Tugend hielt, kehrte bei ihm ein.

So trieb er es mehrere Jahre lang, und stürmte wild in seine Gesundheit ein. Einst saßen auch die lockern Gesellen beisammen und zechten, als er vorschlug, einen Raubzug nach dem Kloster Lindau zu machen, und die dem Himmel geweihten Töchter zu bekosen. Mit teuflischem Jauchzen wurde der Vorschlag bewillkommt und ausgeführt. In einer stürmischen Nacht, wo Dunkel und Graus die Erde umgab, stahlen sie sich mit List in das sonst wohlverwahrte Kloster. Die Wächter wurden geknebelt, die Aebtissin eingesperrt, und nun wüstete, gleich Wölfen, die unter eine ruhig schlummernde Heerde gerathen, die junge Natterbrut unter den wehklagenden Nonnen. Die heiligen Mauern hallten wieder von dem Geschrei und Wimmern der himmlischen Schäfchen, aber ganz

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)