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hinfällig. Wenn er meint (S. 281), ich habe Begriff und Begriffsumfang identificirt, so irrt er. Ich habe nur meine Meinung ausgesprochen, man könne in dem Ausdrucke „die Anzahl, welche dem Begriff F zukommt, ist der Umfang des Begriffes gleichzahlig dem Begriffe F“ die Worte „Umfang des Begriffes“ durch „Begriff“ ersetzen. Man beachte hierbei wohl, dass dies Wort dann mit dem bestimmten Artikel verbunden ist. Uebrigens war dies nur eine beiläufige Bemerkung, auf die ich nichts gegründet habe.

Während es demnach Kerry nicht gelingt, die Kluft zwischen Begriff und Gegenstand auszufüllen, könnte man meine eignen Aussprüche in diesem Sinne verwerthen wollen. Ich habe gesagt[1], die Zahlangabe enthalte eine Aussage von einem Begriffe; ich spreche von Eigenschaften, die von einem Begriffe ausgesagt werden, und lasse einen Begriff unter einen höhern fallen[2]. Ich habe die Existenz Eigenschaft eines Begriffes genannt. Wie ich dies meine, wird an einem Beispiele am besten klar werden. In dem Satze „es gibt mindestens eine Quadratwurzel aus 4“ wird nicht etwa von der bestimmten Zahl 2 etwas ausgesagt, noch von −2, sondern von einem Begriffe, nämlich Quadratwurzel aus 4, dass dieser nicht leer sei. Wenn ich aber denselben Gedanken so ausdrücke: „der Begriff Quadratwurzel aus 4 ist erfüllt“, so bilden die ersten fünf Worte den Eigennamen eines Gegenstandes, und von diesem Gegenstande ist etwas ausgesagt. Aber man beachte wohl, dass diese Aussage nicht dieselbe ist wie die vom Begriffe gemachte. Dies ist nur wunderbar für einen, der verkennt, dass ein Gedanke mannigfach zerlegt werden kann und dass dadurch bald dies, bald jenes als Subject und als Prädicat erscheint. Durch den Gedanken selbst ist noch nicht bestimmt, was als Subject aufzufassen ist. Wenn man sagt: „das Subject dieses Urtheils“, so bezeichnet man nur dann etwas Bestimmtes, wenn man zugleich auf eine bestimmte Art der Zerlegung hinweist. Meist thut man dies mit Beziehung auf einen bestimmten Wortlaut. Man darf aber nie vergessen, dass verschiedene Sätze denselben Gedanken ausdrücken können. So könnte man in unserm Gedanken auch eine Aussage von der Zahl 4 finden:

„die Zahl 4 hat die Eigenschaft, dass es etwas gibt, dessen Quadrat sie ist.“

Die Sprache hat Mittel, bald diesen, bald jenen Theil des

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: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, 16. Jahrgang. O. R. Reisland, Leipzig 1892, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottlob_Frege,_Ueber_Begriff_und_Gegenstand,_1892.pdf/10&oldid=- (Version vom 1.10.2017)
  1. Grundlagen § 46.
  2. Grundlagen § 53.