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tun. Aber mein Gott und Schöpfer, »wohin soll ich gehen und wohin soll ich mich vor deinem Antlitz flüchten!« Also hab ich mir in Baiersdorf einen Mann gedungen, mit Namen Kopel. Er ist dort Diener gewesen, der mit mir nach der Gemeinde Frankfurt ziehen sollte, denn ich hab in Baiersdorf Briefe von meinem Mann gehabt, daß er mir jemanden von Metz nach Frankfurt schicken will, der mich nach Metz akkompagnieren soll. Also hab ich mit meiner Tochter Mirjam und mit dem Kopel meine Reise nach Bamberg genommen. Mein Sohn Reb Moses hat mit mir bis Bamberg gewollt, aber ich hab es nicht leiden wollen, weil er wirklich noch in seiner Hochzeitswoche gewesen ist. Also haben wir gar schmerzlichen Abschied genommen und haben beiderseits große Weinungen verbracht. Zwar bin ich froh gewesen, daß mein Sohn in Ehre unter dem Trauhimmel gewesen, und daß ich gesehen, daß ich ihn, Gott sei Dank, gut angebracht hatte – und wirklich »das Auge weinte und das Herz war froh«. Die Natur kann es nicht anders machen.

Also bin ich nach Bamberg gekommen und nur eine Nacht dort gewesen. Am Morgen hab ich eine Kutsche genommen, welche ich schon längst in Bamberg bestellt gehabt, und habe mich auf meinen Weg nach der Stadt Frankfurt begeben. Ich hab es aber nicht wehren können, daß mein Sohn Reb Sanwil – er ruhe in Frieden – bis gegen Würzburg mit mir geritten ist, und zu Würzburg haben wir zusammen einen ewigen Abschied genommen, wie weiter folgen wird. Es hat leider dem Menschen und mir beiden auf unseren betrübten Herzen gelegen, daß wir uns in dieser Welt nicht mehr sehen werden, wie an seinem Ort erwähnt werden wird.

Also bin ich meines Weges gezogen, und am Freitag, am Vorabend des heiligen Sabbat, am 24. Siwan 1700 glücklich in der Gemeinde Frankfurt angekommen. Dort hab ich einen Familienvater aus der Stadt Metz mit Namen Leser gefunden und einen Brief von meinem Mann, der uns auf den Weg Lebkuchen und andere Kleinigkeiten geschickt

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_275.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)