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Arzneien und Sympathiemitteln. Der reiche Rabbi Bär Cohen hat kein Geld gespart, es sei wenig oder viel, aber es hat als nicht geholfen.

Wie nun meine Verwandte Bele gesehen hat, daß es mit ihr alle Tage ärger wird und daß alle Kuren nicht anschlagen, also hat sie meinen Schwager Reb Josef genommen und den Reb Samuel Orgels – er soll leben – und hat ihren Mann Reb Bär Cohen zu sich rufen lassen und hat gar beweglich mit ihm geredet wegen der Waise Glückchen, welche sie bei sich erzogen haben. Sie ist ungefähr zwölf oder elf Jahre alt gewesen und sie haben beide das Mädchen unbeschreiblich lieb gehabt. Also hat sie ihren Mann Reb Bär gar sehr gebeten, er möchte ihr die Seelenfreude antun, ehe sie sterbe, und ihr den Handschlag geben, wenn sie sterbe, daß er keine andere nehmen wollte als die Waise Glückchen, die Tochter von Reb Phöbus Cohen – er soll leben – dessen Onkel Reb Bär gewesen ist.

Also hat Reb Bär Cohen solches mit schreienden Augen zugesagt, und Reb Josef und dem erwähnten Reb Samuel den Handschlag gegeben und sich feierlich verpflichtet.

Also daraufhin hat sie – sie ruhe in Frieden – sich beruhigt und hat gesagt, sie wollte nun gern sterben, dieweil sie nun wüßte, daß sie ihr Glückchen wohl verwahrt hätte. Aber mein Gott, wie kommt das so nicht, wie wir Menschen es denken!

Sie haben an Reb Selig nach Hannover geschrieben, welcher ein Bruder der Waise Glückchen gewesen ist, und den sie auch erzogen haben; durch ihn waren sie mit dem reichen Reb Hirz Hannover verschwägert. Er sollte zu seiner Tante Bele kommen, welche gefährlich krank wäre und ihn vor ihrem Tode gerne sehen wollte. Denn sie haben dieselbigen beiden Kinder gar sehr geliebt. Zwischendessen haben die Arzneien gewirkt und es sind einige Eimer Wasser von ihr gekommen, so daß man gemeint hat, solches wäre zu ihrer Genesung. Aber konträr, solches hat leider gerade ihren Tod beschleunigt.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_242.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)