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Post zur anderen gehofft, daß von meinem Sohn Nathan Briefe kommen sollten, welche auch, Gott sei Dank, einen Tag vor der Hochzeit gekommen sind, daß der reiche Reb Mendel gute Rimessen geschickt hat und einige Tausende mehr, als meinem Sohn Nathan gebührt hat. Er hat sich auch in seinem Briefe exküsiert, er wäre nicht zu Hause gewesen, sonst hätte er eher geschickt. Also haben wir die Hochzeit in Freuden und mit frohem Herzen gemacht und sind beiderseits sehr vergnügt gewesen.

Nun, nach der Hochzeit habe ich sehr geeilt und wäre gern wieder nach Hause gezogen, und hab keine andere Gesellschaft gehabt als Moses, den Sohn meines Gevatters Meir, welcher nicht so sehr geeilt hat, von seinem Vater und seiner Mutter wegzuziehen.

So mußte ich wohl gegen meinen Willen vierzehn Tage nach der Hochzeit dort bleiben. Obschon ich alle guten Traktamenten und alle Ehre der Welt gehabt habe, ist mir doch alles nicht eingegangen und ich wäre lieber bei meinen Kinderchen zu Hause gewesen.

Endlich habe ich den erwähnten Moses so viel gedrängt, daß er sich hat resolvieren müssen, mit mir heim nach Hamburg zu ziehen. Also haben wir uns gerüstet, um unsere Reise fertig zu machen, und sind also nach Hamburg gezogen, und, Gott sei Dank, glücklich und wohl angekommen. Ich habe von meinem Sohn Reb Löb Abrechnung genommen von meinen Waren, die ich ihm gelassen habe, und er hat mir in jeder Beziehung gute Rechenschaft gegeben, daß ich ganz vergnügt gewesen bin. Also hab ich noch vier Waisen gehabt: meinen Sohn Reb Sanwil – er ruhe in Frieden – und meinen Sohn Moses, meine Tochter Freudchen und meine Tochter Mirjam, sie sollen leben!

Obzwar mir mehrere prinzipale Heiraten vorgeschlagen gewesen sind, daß ich wieder in Reichtum und Ehre zu sitzen kommen könne, hab ich doch gedacht, daß solches meinen Kindern zuwider wäre und habe zu meinem Unglück alles vorbeigehen lassen, wie weiter zu vernehmen sein wird.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_233.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)