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nicht gewußt, wie er ihn auf einen jüdischen Friedhof bringen konnte, denn es ist sehr bös und gefährlich in Leipzig gewesen. Kurz, mit großer Mühe und hoher Vermittlung und vielem Geld haben sie durchgesetzt, daß man die Leiche hinweggeführt hat. Also haben sie die Leiche nach Dessau geführt, welches die nächste jüdische Gemeinde von Leipzig gewesen ist; sechs Meilen von Leipzig. Das hat mehr als tausend Reichstaler gekostet und sie haben noch Gott gedankt, daß sie ihn aus Leipzig bekommen haben.

Zwischendessen haben sich mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – und Löb Goslar in Leipzig auch fast auf den Tod gelegt und sind gar krank gewesen. Also haben sich Löb Goslar und mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – müssen mitten aus der Messe herausführen lassen in krankem Zustande nach Halberstadt. Mein Mann hat Moses Schnaudhan und Isachar bei sich gehabt. Wie sie nach Halberstadt gekommen sind, ist mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – gar krank gewesen, so daß man ihn aufgegeben hat. Also hat Isachar an mich geschrieben und mich getröstet, ich sollte mich nicht erschrecken, es wäre nicht so gefährlich. Und Isachar hatte meinen Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – so lange gedrängt, daß er den Brief hat unterschreiben müssen. Aber da hat einer eine Unterschrift sehen sollen – kein Mensch hat einen Buchstaben erkennen können.

Nun kann man wohl denken, wie mir und meinen Kindern zumute gewesen ist. Den Brief hab ich am ersten Tag vom Wochenfest bekommen und am Vorabend sind all unsere Familienväter von Leipzig heimgekommen und mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – nicht. Man kann sich wohl denken, was für einen Schrecken wir gehabt haben. Es ist sogar kein Brief gekommen. Alle Familienväter sind, ehe sie in ihre Häuser gegangen sind, zu mir gekommen und haben mich getröstet, ich sollte mich zufriedengeben, es würde alles gut werden. Und sie haben ihr Bestes geredet, um mich zu beruhigen. Aber was

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_166.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)