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hat gesagt, es wäre Zeit genug, wenn man mich erst in zwei bis drei Stunden aufweckt. Aber wie ich in meinem besten Schlaf gewesen bin, kommt etwas dreimal an meine Tür zu klopfen, als wenn das ganze Haus umfallen sollte. Ich spring gleich aus dem Bett heraus und frage, wer da klopft. Aber keine Stimme und keine Antwort; es ist keiner, der antwortet. So werfe ich gleich meine Robe über und lauf nach dem Haus meines Vaters – das Andenken des Gerechten gesegnet – wo ich finde, was schon erwähnt ist. Nun kann man wohl denken, wie mir zumute gewesen ist und was für Kummer wir zusammen gehabt haben. Aber was hat alles geholfen? Ich habe meinen guten Vater missen müssen, welcher aber mit gutem Namen und in gutem Alter gestorben ist. Es ist am 24. Tebeth gewesen, daß er uns und allen Lebenden das Leben hinterlassen hat. Ich habe mich lange Zeit nicht zufriedengeben können, bis mir Gott – er sei gelobt – nach Ablauf der dreißigtägigen Trauerzeit einen jungen Sohn beschert hat und sein Name Löb ist wieder geboren worden.

Aber es scheint, daß seine Geburt viel Widerwärtigkeit angezeigt hat, denn als er auf die betrübte Welt gekommen war, ist er bis vierundzwanzig Stunden also gelegen und hat gekrächzt, so daß die Hebamme und alle Weiber nicht anders gemeint haben, daß man das Kind nicht wird aufbringen können. Aber dem lieben Gott, dem hat es so gefallen, daß sich das Kind alle Tage gebessert hat, daß es aufgewachsen ist und daß ich mich mit dem Kind also an Stelle meines lieben Vaters getröstet habe.

Und ich bin sehr erfreut mit dem Sohn gewesen.

Meine liebe Mutter ist mit drei Waisen sitzen geblieben. Mein Vater – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat doch meiner Mutter das ihr zugesicherte Wittum von sechzehnhundert Reichstaler Geld und jeder Waise ungefähr vierzehnhundert Reichstaler Geld gelassen. Und die Waisen hätten mehr gehabt, nur sind sie um mehr als tausend Reichstaler gekommen, wie ich vielleicht noch schreiben werde.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)