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Ich bin schwanger gewesen mit meiner Tochter Channa – sie lebe – und ins Kindbett gekommen. Durch großen Kummer wegen dem lieben Kind selig und daß ich mich nicht habe können zufriedengeben, bin ich das ganze Kindbett lang in eine gefährliche Krankheit gefallen, daß alle Aerzte an meinem Wiederaufkommen gezweifelt haben und mit mir desperat spielen wollten.

Aber indem sie solches vorgehabt haben und solches meinen Leuten zu verstehen gegeben haben und sie in der Meinung waren, daß ich davon nichts wüßte und verstände, habe ich meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – und meiner Mutter gesagt, daß ich diese Arznei nicht annehmen wollte. Dieses haben sie den Doktoren gesagt. Obschon die Doktoren ihr Bestes getan und mich zu bereden meinten, solches einzunehmen, so hat all ihr Reden nichts geholfen, und ich habe gesagt: »Sie mögen reden, was sie wollen, ich nehm nun gar nichts mehr. Will mir der getreue Gott helfen, so kann er selbes auch ohne Arznei tun. Ist es aber ein Schluß von dem großen Gott, was helfen dann alle Arzneien?« In Summa habe ich meinen Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – gebeten, er sollte doch alle Doktoren abschaffen und sie entlohnen, was auch geschehen ist. Und Gott hat mir die Kraft gegeben, daß ich fünf Wochen, nachdem ich ins Kindbett gekommen bin, ins Bethaus gegangen bin, wiewohl sehr kümmerlich, habe aber doch meinen Gott gelobt und gedankt. Es ist alle Tage mit mir besser gewesen, so daß Ich endlich meine Wärterin, meine Saugamme abgeschafft habe und mit Hilfe des Höchsten habe ich notdürftig, was zu meiner Haushaltung gehört, selbst in acht genommen.

Endlich habe ich das liebe Kind vergessen müssen, wie die Bestimmung von Gott ist: »Ich bin vergessen worden wie ein Toter von dem Herzen.« Wie aus folgender Geschichte zu sehen ist, wie großen, frommen Leuten geschehen ist, also ist es nur billig, daß man sich in allem gedulden soll und in all seinem Leid mäßigen. Wenn, Gott behüte, einem Menschenkind ein Gram zukommt, es sei an

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)