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mit weinenden Augen gebeten und gesagt: »Mein lieber Sohn, du siehst ja wohl, was hier vorgeht. Ich bitte dich um Gottes Willen, gib dich weiter in keine Weitläufigkeiten. Füge dich in Geduld und mach einen Vergleich, so gut du kannst. Gott – sein Name sei gelobt – wird es dir wieder bescheren.« Wie es auch geschehen ist, wie weiter folgen wird.

Was hat mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – tun sollen?

Reb Juda hat das Seinige unter seiner Hand gehabt. Das ist schwer herauszubekommen gewesen, und mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – war gezwungen, einen Vergleich zu machen. Nun kann man sich wohl denken, was da für ein Vergleich herausgekommen ist. Das ist aber bekannt, daß wir nicht zweimal so viel unser Eigen gehabt, als es uns in allem gekostet hat.

Ich gebe Reb Juda nicht so viel Schuld als denjenigen, die ihm dazu verholfen haben, »denn ein Mensch sieht seine eigene Schuld nicht ein«.

Nun kurz, es ist vorbei. Wir haben es ihnen allen verziehen, sowohl Reb Juda als seinen Helfern, und haben weder Verbitterung noch Widerwillen auf Reb Juda. Denn er hat sicher gemeint, er hat recht und es gebührt ihm von uns, sonst hätte er es vielleicht nicht getan. Nun hat er zwar meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – sehr weh getan, aber wer hätte ihm helfen können? »Wer um Vergangenes klagt, bittet umsonst.«

Der liebe Gott aber, der unsere Unschuld angesehen hat, hat uns, ehe vier Wochen vergangen waren, ein Geschäft beschert, daß wir fast unseren Verlust gutgemacht haben. Und mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat nachher mit Reb Juda in guter Einigkeit und Vertraulichkeit gelebt.

Wie ich auch noch berichten werde, wie ich in Berlin war, was mir von Reb Juda und seiner Frau für Ehre erwiesen worden ist. Sie haben auch stets mit meinen Kindern Geschäfte gehabt, so daß wir uns über ihn nicht sonderlich beschweren können. Wenn nur die Geschäfte mit gutem

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_111.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)