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wird sie mit ihrem Kind erfreut werden; aber nach all ihrem Schmerz und Wehtag kommt nichts anderes, als daß sie einen Wind gehört. Also, mein großer Gott und König, ist uns auch geschehen. Wir haben gehört und alle deine lieben Knechte und Kinder haben sich sehr gemüht mit Gebet, Buße und Almosen durch die ganze Welt. Und dein liebes Volk Israel ist auf dem Gewinnstuhl gesessen und hat gehofft, nach all seiner schweren Buße, Gebet und Almosen, nachdem sie zwei, drei Jahre sind im Gewinnstuhl gesessen, und es ist nichts als Wind herausgekommen.

Nicht nur daß wir nicht würdig waren, das Kind zu sehen, um das wir uns so sehr gemüht haben, sind wir auch noch so weit gekommen, daß wir uns ganz sicher gehalten haben, und sind leider stecken geblieben.

Mein Gott und Herr, derenthalben verzagt dein Volk Israel doch nicht und hofft täglich auf deine Barmherzigkeit, daß du es erlösen wirst. »Wenn er auch säumt, so hoffe ich doch täglich, daß er kommt.«

Wenn es dein heiliger Wille sein wird, wirst du deines Volkes Israel schon gedenken.

Die Freude, die war, wenn man Briefe bekommen hat, ist nicht zu beschreiben. Die meisten Briefe, die gekommen sind, haben die Sefardim bekommen. Dann sind sie allezeit mit ihnen in ihr Bethaus gegangen und haben sie dort gelesen und Deutsche jung und alt sind auch in ihre Synagoge gegangen, und der Portugiesen junge Gesellen haben allemal ihre besten Kleider angetan und jeder hat sich ein grünes, breites, seidenes Band um sich gebunden. Das ist Sabbathai Zewi seine Livrei gewesen.

So sind sie alle mit Pauken und Tanz in ihr Bethaus gegangen und haben mit einer Freude wie am Wasserschöpftag die Briefe gelesen.

Einige haben nebbich all das Ihrige verkauft, Haus und Hof, und haben als gehofft, daß sie jeden Tag sollen erlöst werden. Mein Schwiegervater – er ruhe in Frieden – hat zu Hameln gewohnt. Also hat er dort seine Wohnung aufgegeben und seinen Hof und sein Haus und seine Möbel,

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_075.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)