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Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3

Die glänzendste Rolle beim Feste spielen zwei „Königinnen.“ Sie sind die besten Schülerinnen der obersten evangelischen und katholischen Mädchenklasse. Ein weißes Kleid mit blauer und rother Schärpe und eine prachtvolle Krone auf dem Haupte zeichnen diese „Königinnen“ aus. Die Umgebung, der Hofstaat, dieser Beiden wird gebildet von je sechs ebenfalls weißgekleideten, blumenbekränzten Mädchen ans denselben Klassen. Diese müssen den Königinnen in der Lokation am nächsten stehen, um ebenbürtig zu sein. – Und wie sieht’s bei den Knaben aus? Die besten Schüler unter ihnen prangen mit Federhut, Schärpe und Schwert an der Seite; sie heißen „Oberstfähndriche“ und haben auch eine Umgebung, ein Gefolge, die „Fährndriche“, von je sechs ähnlich gekleideten Knaben der gleichen Klasse. Wie sie sich fühlen in ihrer besonderen Auszeichnung, diese Königinnen und Oberstfähndriche! Wie manch ein Auge sieht aber auch mit heimlichem Neide auf sie? Wie manch ein Herz mißgönnt den Glücklichen die Lust! Doch die Freude nimmt ihren ungestörten Fortgang, und wenn der Himmel auch sein blaues Auge auf die Menge liebend lenkt, so fehlt zum Hochgenuß des Tages nicht Ein Gut.

Die Preise sind vertheilt, die Preisträger von ihren Angehörigen geherzt, geküßt. Jetzt wird gespielt in dieser oder jener Weise, Karrousel gefahren, in den Glückshafen gesetzt, kurz: es ist ein Leben, wie auf dem größten Jahrmarkt. In den naheliegenden Gärten spielen zahlreiche Musikbanden. An Speisen und Getränken zur Erfrischung ist kein Mangel. Man sieht, die Freude hat an allen Tischen ihren Thron aufgeschlagen. Aber nur allzuschnell zerrinnt die Zeit. Schon ist es Abend geworden. Um halb sieben Uhr

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Johann Philipp Glökler: Land und Leute Württembergs, Band 3. Stuttgart: C. Cammerer, 1863, Seite 402. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gloekler_Land_und_Leute_Bd3.djvu/410&oldid=- (Version vom 1.8.2018)