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Walther Kabel: Gimpelfang in Afrika. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 9, S. 217–219

Nachlässigkeit spielte. So gaben sich zum Beispiel die beiden Delinquenten – was mir beim ersten Male völlig entgangen war – auch nicht die geringste Mühe mehr, die dem Tode Verfallenen auch nur etwas lebenswahr darzustellen. Im Gegenteil – ihre Gleichgültigkeit den drohenden Flintenläufen gegenüber konnte gar nicht größer sein. Nachher nahm ich mir dann den Halunken von Fremdenführer vor und sagte ihm auf den Kopf zu, daß die Exekution ein plumper Schwindel gewesen sei und die Gewehre nur Papierpfropfen als Geschosse enthalten hätten. Erst versuchte er noch zu leugnen, dann gab er alles zu. Äußerst bezeichnend für marokkanische Militärverhältnisse ist es, daß der Verdienst aus diesen nur für die Fremden inszenierten Hinrichtungen ehrlich zwischen allen Auftretenden geteilt wurde – und zu diesen gehörten auch der Herr Kommandant der Truppen in Miknasa und seine Herren Offiziere.“

Eine andere Art von Fremdenbetrug ist seit Jahren in einigen größeren, an der Touristenstraße gelegenen nordafrikanischen Städten üblich, bei dem die Unternehmer hauptsächlich mit der Neugier der europäischen und amerikanischen Damen, die gar zu gern einmal einen Blick in das türkische Haremsleben werfen möchten, rechnen und – sich nie verrechnen. Hier sind es meist die Portiers der großen Hotels, die gegen ein hohes Trinkgeld reichen Damen Gelegenheit zum Besuch eines Harems zu verschaffen versprechen. Möglichst geheimnisvoll werden die gutgläubigen Opfer moslemitischer Geriebenheit dann durch dunkle Höfe in ein Gebäude geführt, das angeblich der wohlbewachte Harem irgend eines mächtigen, aber zurzeit gerade abwesenden Paschas sein soll. In dem Hause finden sich auch wirklich luxuriös eingerichtete Gemächer und als Bewohnerinnen unter der Obhut buntgekleideter Neger, die die Eunuchen vorstellen, eine Anzahl geschminkter, halbverschleierter Frauen, gemietete Tänzerinnen, vor, die verschiedene Reigen tanzen und über alles Wissenswerte bereitwilligst Auskunft geben.

Hochbefriedigt verlassen die Damen dann die Stätte, die ein gerissener Türke zu einem Harem herauszustaffieren gewußt hat.

K. W.[ws 1]

Anmerkungen (Wikisource)

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Walther Kabel: Gimpelfang in Afrika. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 9, S. 217–219. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gimpelfang_in_Afrika.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)