Seite:Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs 104.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Raub des Einen den Andern bereicherte – desto schmerzhafter aber war der Druck, der ohne Unterschied über das ganze Königreich erging. Alle protestantischen Prediger wurden des Landes verwiesen; die Böhmischen sogleich, etwas später die Deutschen. Den Majestätsbrief durchschnitt Ferdinand mit eigner Hand, und verbrannte das Siegel. Sieben Jahre nach der Prager Schlacht war alle Religionsduldung gegen die Protestanten in dem Königreich aufgehoben. Die Gewaltthätigkeiten, welche sich der Kaiser gegen die Religionsprivilegien der Böhmen erlaubte, untersagte er sich gegen ihre politische Constitution, und indem er ihnen die Freyheit des Denkens nahm, ließ er ihnen großmüthig noch das Recht, sich selbst zu taxiren.

Der Sieg auf dem weißen Berge sezte Ferdinanden in den Besiz aller seiner Staaten, ja er gab sie ihm sogar mit einer größern Gewalt zurück, als sein Vorgänger darin besessen hatte, weil die Huldigung ohne Bedingung geleistet ward, und kein Majestätsbrief seine landesherrliche Hoheit mehr beschränkte. Das Ziel aller seiner gerechten Wünsche war also erfüllt, und über alle seine Erwartungen.

Jezt konnte er seine Bundesgenossen entlassen, und seine Armeen zurück rufen. Der Krieg war geendigt, wenn er auch nichts als gerecht war; wenn er großmüthig und gerecht war, so wars auch die Strafe. Das ganze Schicksal Deutschlands lag jezt in seiner Hand, und vieler Millionen Glück und Elend beruhte auf dem Entschluß, den er faßte. Nie lag eine so große Entscheidung in Eines Menschen Hand, nie stiftete eines Menschen Verblendung so viel Verderben.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. , Frankfurt und Leipzig 1792, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_drey%C3%9Figj%C3%A4hrigen_Kriegs_104.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)