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weil auf jedem neuen Boden Feind und Bundesgenosse wächst, und nur die Erschöpfung des ganzen Anhangs den einzelnen Theil entkräftet. Im Westen sollte sich die Mine entzünden, welche längst schon das ganze Deutschland unterhölte – nach den westlichen Gegenden waren Furcht und Erwartung hingeneigt – und aus Osten kam der Schlag, der sie in Flammen sezte.

Die Ruhe, welche der Majestätsbrief Rudolphs II. Böhmen gegeben hatte, dauerte auch unter Matthias Regierung noch eine Zeit lang fort, bis in der Person Ferdinands von Gräz ein neuer Thronfolger in diesem Königreich ernannt wurde.

Dieser Prinz, den man in der Folge unter dem Namen Kaiser Ferdinands II. näher kennen lernen wird, hatte sich durch gewaltsame Ausrottung der protestantischen Religion in seinen Erbländern als einen unerbittlichen Eiferer für das Pabstthum angekündigt, und wurde deswegen von dem katholischen Theile der Böhmischen Nation als die künftige Stüze dieser Kirche betrachtet. Die hinfällige Gesundheit des Kaisers rückte diesen Zeitpunkt nahe herbey, und im Vertrauen auf einen so mächtigen Beschüzer fingen die Böhmischen Papisten an, den Protestanten mit weniger Schonung zu begegnen. Die evangelischen Unterthanen katholischer Gutsherren besonders erfuhren die härteste Behandlung. Zugleich begingen mehrere von den Katholiken die Unvorsichtigkeit, etwas laut von ihren Hoffnungen zu reden, und durch hingeworfene Drohworte bey den Protestanten ein schlimmes Mißtrauen gegen ihren künftigen Herrn zu erwecken. Aber nie würde dieses Mißtrauen in Thätlichkeiten ausgebrochen seyn, wenn man nur im Allgemeinen geblieben wäre, und nicht durch besondere Angriffe auf einzelne Glieder dem Murren des Volks unternehmende Anführer gegeben hätte.

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Friedrich Schiller: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. , Frankfurt und Leipzig 1792, Seite 072. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_drey%C3%9Figj%C3%A4hrigen_Kriegs_072.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)