Seite:Geschichte des Marktfleckens Grönenbach S055.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
– 55 –

penuria sacerdotum das Stüfft mit andern Subjectis nit allsogleich besetzt werden konnte, sondern die Verwaltung einem weltlichen schaffner überlassen worden, dessen Administration aber wenige Jahre gedauert, dann anno 1555 wieder aufgehoben und das Collegiatstifft in den vorigen Standt restituirt worden; b. Archiv), Rotenstein aber niemalen in ruhiger possession gewesen, sondern nichtige Vergleiche darüber getroffen, solchen aber allewegen vom Bischoffen contradicirt worden; deßhalb hielten Ihro fürstl. Gndn. zu Kempten darfor, daß bey deme möge bleiben, wie es anno 1624 den 8. Augusti der Fundation gemäß bestellt worden, daß nemblich die Administration den weltlichen abgenommen und wieder auf Dechant und Capitel remittirt werde. Weylen die Calvinisten bedrohen, das Stifftsgefäll und Zehent aufs neue zu arrestiren, so gibt Er, Dekanus, an die Hand, daß die Lieferung durch Augsburg, Kempten und Fugger zeitlich unter scharpfer Straff durch öffentliches Patent mandirt und Kempten wieder als brachium seculare implorirt werden möchte, zu exequiren, wozu sich auch fürstl. Gndn. erbiethen.“

Gegen diesen rotensteinischen Verwalter Jörg Weidle erhob der damalige Stiftsdekan Nikolaus Brunner laut Kreisarchiv Bd. 397 Klage in seinem Schreiben an den Fürstabt in Kempten d. d. 9. Oktober 1645. Es war nemlich am 14. September 1645 Georg Biechteler calvinischen Bekenntnisses gestorben; seine Glaubensgenossen veranstalteten nun einen feierlichen öffentlichen Leichenzug mit öffentlichem Gesang und anderem calvinischem Exerzitium, und trotzdem der Dekan ihnen protestierend entgegentrat und sie daran erinnerte, daß das calvinische Exercitium hierorts gänzlich abgestellt und verboten, haben sie gleichwohl mit Gesang und calvinischen Zeremonien fortgefahren, und der alte Weidlin habe den Leichensermon gehalten trotz heftigem Protestieren des Dechants; deswegen bittet Dechant, daß diesen Sachen nach fürstabtl. judicio zeitlich remediert werden möge, da er eine so starke Gewissenslast nicht auf sich dulden wolle – Wiedereinführung des calvinischen Exercitiums, das mit so vieler Mühe und starker Hand habe abgetan werden müssen. Vom Schlosse Liebenthann aus d. d. 19. Oktober 1645 erließ der Kempter Fürstabt Romanus an den „Ehrenhaften Georgius Weidlin, pappenheimbschen Verwalter“, ein geharnischtes Schreiben, worin demselben vorgehalten, daß er das gänzlich abgeschaffte calvinische Exercitium in Grönenbach wieder heimlich einführen wolle durch die Abhaltung der Leichenfeier des Jörg Biechteler nach calvinischem ehemaligen Brauche und Haltung eines Sermon. Dagegen protestiert der Fürstabt und droht, daß er,