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ein Wegweiser, der zum Tempel fuhren kann, durch Hinweis auf die zu ihm führenden Wege.

Wenn Weishaupt z. B. sagte: Dadurch, dass alle Menschen vollkommen werden, jeder lediglich den vollendetsten Begriff des Guten erfüllt, so werden dadurch alle Gesetze, die das Böse zu bestrafen suchen, überflüssig, — mithin auch die Gesetzgeber, so ist das ein fragwürdiges hohes Ideal, das in seinen Konsequenzen zu den grössten Missverständnissen, Verdrehungen und Verleumdungen hinreichend Veranlassung gibt und gegeben hat. Der Orden und dessen Mitglieder werden schwerlich Tempel und Priester dieses verwirklichten Ideals werden. Wird jedoch einfach ein gangbarer Weg gezeigt, wie man sich selbst und dann andere verbessern kann, so müssen die Einwände fallen, nur muss man sich hüten, mit fernen, utopistischen Ideen zu liebäugeln.

Der Versuch, ein solches Institut auf den Ruinen des alten Gebäudes zu errichten, schien dem Autor dieses Buches der Mühe wert und er legte die Hand an das Werk. Nicht selbst war er auf diesen Gedanken gekommen, sondern derselbe wurde von einer Persönlichkeit angeregt, die sich später als so unwürdig wie nur möglich erwies. Es sei deshalb der Name hier verschwiegen. Diese Person behauptete, dass in ihr sich noch die alten Überreste des Ordens konzentrierten, dass eine bedeutende Anzahl von würdigen Männern sich unter ihrer Obhut noch befände, die nur warteten, den geeigneten Führer zu erhalten und dass dieser Führer der Schreiber dieser Zeilen sein könne, wenn er nur wolle.

Nach genauer Prüfung des alten, ihm unbekannten Systems leuchtete dieses Angebot ein und freudig ging es an die Arbeit, eine Organisation zu schaffen, die, wie es hiess, von den noch unbekannten Freunden freudig unterstützt werden würde.

Die erwartete Hilfe blieb jedoch nicht nur aus, sondern erwies sich als falsche Vorspiegelung, denn nichts bestand mehr aus alter oder neuerer Zeit, als das, was etwa Antiquare verschaffen können. Die würdigen Männer standen nur auf dem Papier, waren jedoch in Wirklichkeit nicht vorhanden. Die ersten Schritte waren jedoch einmal getan. Freunde des Autors hatten sich ihm angeschlossen und erwarteten nun von ihm die Erfüllung seiner Versprechungen. Wollte er nicht zum Lügner werden, so musste er nun selbst alles daransetzen, das zu schaffen, was vorhanden sein sollte, denn schwerlich

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 466. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_466.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)