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Illuminatismus und Freimaurerei.

Aus der veröffentlichten Ordensgeschichte Zwackhs haben wir bereits ersehen, in welch innigem Zusammenhange der Orden mit der Freimaurerei stand, und dass unter der Bezeichnung Illuminaten-Freimaurerei eine ganz besondere Richtung zu verstehen ist, die näher zu beleuchten der Mühe wert ist. Es existiert noch zu Händen des Autors das bereits von Hertel erwähnte durch Knigge verfasste Freymäurer-Constitutionsbuch und dieses gibt Einblicke, namentlich in die Absichten Knigges, die einfach darauf hinausgingen, die gesamten damaligen Freimaurer zu Illuminaten-Freimaurer umzuwandeln. Diese Absicht würde höchstwahrscheinlich gelungen sein, wenn die Ordensverfolgung nicht ausgebrochen wäre. Es ist daher mehr als wahrscheinlich, dass diese auch aus dem Grunde entstanden ist, einer solchen Machtentfaltung vorzubeugen. Jedenfalls war es dringendstes Interesse jener Obern, die den Rosenkreuzer-Orden leiteten, die damals von ihrer Bedeutung herabgesunkene zersplitterte Freimaurerei, nicht plötzlich durch den Illuminatenorden wieder geeint und in ihrer Organisation zentralisiert zu sehen, als dann allerdings zu fürchtende Macht. Der Plan, den Knigge erdacht hatte, war unbedingt schlau und wirksam, die Mittel, das Vertrauen der Brüder zu erringen, geradezu genial; das Constitutionsbuch gibt darüber genügende Aufklärung. Um jedoch dessen Inhalt zu würdigen, ist es notwendig, uns vorher kurz umzusehen, wie es mit der Freimaurerei in jener Zeit aussah.

Karl Gotthelf, Reichsfreiherr v. Hund, hatte Mitte des 18. Jahrhunderts das System der sogenannten strikten Observanz aufgebracht, das dazu dienen sollte, den Tempelherrnorden, dessen heimliches Fortbestehen ihm glaubhaft gemacht worden und zu dessen Heermeister er ernannt sein wollte, durch Hilfe der Freimaurerei wieder zu seinem früheren Glanze zu verhelfen. Baron Hund spielte in jener Zeit in der Geschichte der Freimaurerei eine merkwürdige Rolle dadurch, dass er seine Ernennung sowie Auskünfte durch unbekannte Obere, die strengen Gehorsam — daher strikte Observanz — verlangten, erhalten haben wollte. Dieser Umstand brachte ihn später in den Verdacht eines Schwindlers, der er jedoch nicht war, vielmehr ist er als ein leichtgläubig Betrogener anzusehen, der in seiner Schwärmerei sogar sein bedeutendes Vermögen unfruchtbaren Ideen opferte. Die »strikte Observanz« fand Boden und

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_357.jpg&oldid=- (Version vom 22.6.2020)