Seite:Geschichte des Illuminaten-Ordens (Engel) 348.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

verfolgte. Im Gegenteil, Weishaupt ist darüber sehr verwundert und sagt kopfschüttelnd: »Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch ein neuer Religionsstifter werden würde.« — Wohl aber steht es fest, dass Knigge in den von ihm ausgearbeiteten Ritualen den Gedanken ausstreute, der Orden sei im Besitze alter überbrachter Geheimnisse. — Die Freimaurerei beansprucht für sich, noch heute als ein Hort altchristlicher Symbolik angesehen zu werden. Die in den Logen gepflegten Legenden wurden ganz nach dem geistigen Standpunkte ihrer Vertreter und Mitglieder, teils auf Salomo, teils auf Christus gedeutet, es ist daher das Beginnen Knigges, schon damals eine energische Schwenkung nach der christlichen Seite auszuführen, keineswegs verwunderlich, nur fand er dabei nicht bei Weishaupt die erhoffte gänzliche Zustimmung.

Durch dieses Beginnen mussten jedoch Geistliche jedenfalls sympathisch berührt werden, zumal eine Profonation religiöser Gebräuche absolut nicht vorkam und ängstlich vermieden wurde. Alle diese Dinge, zu denen nicht wenig auch die damaligen politischen Zustände, durch die weltlichen Machtbefugnisse der regierenden Fürstbischöfe, die manchmal mehr Bewegungsfreiheit in einzelnen Diözesen gestatteten, beitrugen, erklären den Zuzug von Geistlichen zwangslos.

Natürlich war das nicht nach dem Geschmack der kirchlichen und weltlichen Gewalthaber; die durch den Klerus auf den unbedingten Gehorsam der Bevölkerung rechnen, ist dieser zu aufgeklärt, so würde dem Volke mit Sicherheit ebenfalls helleres Licht gegeben.

Es wurde daher, um sich zu vergewissern, dass die Seuche des Illuminatismus nicht unter der Geistlichkeit weiter um sich greife, das so ungemein beliebte Mittel der unversehenen Visitationen auch hier angewandt, wie aus dem nachfolgenden, für die damaligen Zustände sehr charakteristischen Brief, der an den Fürstbischof von Regensburg gerichtet ist, und aus dem so recht klar ersichtlich ist, wie unhaltbar diese geworden waren, hervorgeht.

Unsere Freundschaft zuvor:

Hochwürdiger in Gott Vatter, besonders lieber Freund! Wir finden selbst rathsam zu seyn, dass die Bischöflichen Visitationes bey den Pfarrern und andere untergebene Diocösen

Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_348.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)