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Jahren 1784–1788. Man stellt aus diesen sehr leicht ein verzerrtes Bild des damaligen Ordens zusammen; durch Aneinanderreihen möglichst schroffer Stellen, die aus ihrem Zusammenhange gerissen werden, und dadurch ganz anderen, unbeabsichtigten Sinn ergeben, wird es immer spottleicht sein, alles zu beweisen, was man bewiesen haben will. Dieses allbekannte Rezept findet sich z. B. in einem allerneuesten Gebräu[1] literarischer Taschenspielerkunst vortrefflich angewandt, segelt unter dem edlen Vorgeben der Volksaufklärung in die Welt hinaus, und der oder die Verfasser sind sicher, dass naivere und urteilslose Leser, angegrault von den Verführungskünsten und dem angeblich schändlichen Treiben des alten Ordens, den neuen Orden ebenfalls nicht anders beurteilen werden. Der neue Orden ist leider juridische Person und dürfte offenkundige Verdrehungen als Verleumdungen zu strafen wissen – folglich greift man am sichersten für das eigene Heil den historischen Orden an, indem man sicher ist, dass von allen diesen Verleumdungen am jetzigen auch etwas kleben bleiben wird.

Dem heutigen Illuminatenorden, der seine Existenz doch nun einmal aus den Restbeständen alter Zeit nicht ableugnen kann, dazu auch gar keine Ursache hat, könnte es im Grunde genommen höchst gleichgültig sein, ob die längst verflossene historische Periode vorwurfsfrei gewesen oder nicht, er hat lediglich für sich selbst einzustehen und darauf zu achten, dass er jetzt vorwurfsfrei ist; aber es verlangt das Interesse an dem Ursprung, sowie die Gerechtigkeit, dass bestehendes Falsches ausgeschieden und die Wahrheit festgestellt wird, falls dieses möglich ist. Und das ist möglich, wenn das Geheime Staatsarchiv, sowie das Geheime Hausarchiv in München, sowie andere Staats- und Privatarchive vorurteilsfrei herangezogen werden. In diesen Archiven (Berlin, Dresden, Wien, Gotha, Paris) befinden sich diejenigen Urkunden, Briefe, Schriften und Protokolle, welche, wenn nicht einseitig beurteilt und ausgelegt, recht wohl imstande sind, ein klares Bild zu geben. Leider wurde bisher nicht völlig einwandsfrei diese Arbeit geleistet, entweder waren es Teilarbeiten oder Nichtkenntnis mancher vergrabener Licht gebender Urkunde oder auch Rücksichten, welche die Verfasser zwangen, gewisse Dinge mit einem


  1. „Volksaufklärung“, kleine Handbibliothek zur Lehr und Wehr für Freunde der Wahrheit Nr. 49/50. Der Illuminaten-Orden v. Dr. jur. Krueckemeyer. Verlag von A. Opitz in Warnsdorf, Böhmen.
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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_003.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)