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Bücher in einer besondern Rubrik zusammenzustellen. Aber auch dann noch sahen manche Verleger und manche Schriftsteller den Titel ihres bevorstehenden Werkes lieber in den Reihen der erschienenen als der künftig erscheinenden Bücher. Dazu kommt noch, daß auch manche Werke wiederholt in die Kataloge aufgenommen wurden, ohne daß es sich um neue Auflagen handelte. Kurz, die Ziffern müssen einigermaßen in Bausch und Bogen verstanden werden. Da aber ziemlich die gleichen Störungen Jahr für Jahr eingetreten sein werden, so wird das relative Verhältnis im Auf- und Absteigen der Ziffern doch ein leidlich richtiges Bild geben.

Nur Ein Umstand muß noch in Betracht gezogen werden. Die Meßkataloge gaben in erster Linie ein Verzeichnis am Meßorte zur Stelle befindlichen Büchermaterials oder der von den anwesenden Buchhändlern eingesandten Titel. Im Kriegszeiten aber, wo die Straßen unsicher oder geradezu unpassierbar waren, mußten Manche von den Messen fortbleiben, auch wenn sie Werke verlegt hatten, die sie hätten zur Stelle bringen können. Diese fehlten nun im Katalog. Auf diese Wiese haben wir meines Erachtens z. B. den kolossalen Abfall im Jahre 1635 zu erklären. Daß die gesamte verlegerische Thätigkeit wirklich in diesem Jahre in dem Maße heruntergegangen sein sollte, wie es die Ziffern des Meßkatalogs ergeben, halte ich für eine bare Unmöglichkeit. Aber der Meßverkehr war in diesem Jahre der Kriegsläufte wegen auf ein Minimum reduziert.

Wir dürfen es wohl für möglich halten, daß es noch einmal gelingt, auch für die frühern Jahrhunderte ein vollständiges Verzeichnis der in jedem Jahre in Deutschland gedruckten Bücher herzustellen, wie dies ja bis zum Jahre 1500 annähernd bereits von Hain geschehen ist. Ein solches Verzeichnis wird dann eine viel sicherere Grundlage abgeben, als der Meßkatalog, und auf ihm wird dann eine neue und zuverlässigere Statistik des gesamten Buchhandels und Buchdrucks aufgebaut werden können, während die gegenwärtige wesentlich nur den Meßverkehr darzustellen vermag.

Auch das wolle man beachten, daß das Jahr des „Codex nundinarius“ von Michaelis bis Michaelis geht, also sich nicht mit dem Kalenderjahre deckt, ferner daß jedes Buch eine Einheit gilt, mag es nun eine Broschüre von einem Bogen, mag es ein mehrbändiges Werk in Folio sein, mag es in Tausenden von Exemplaren gedruckt sein, oder in wenigen Hunderten.

Nach diesen nötigen Reserven[1] wollen wir jetzt kurz die einzelnen Tafeln ins Auge fassen.

Fußnoten

  1. Natürlich treten hierzu auch noch die Ungenauigkeiten in der Ausarbeitung des „Codex nundinarius“. Selbstverständlich muß man Nachsicht üben, wo es sich um Hunderttausende von Zahlen handelt, aber der „Codex“ ist wirklich oft recht flüchtig gearbeitet und ungenau korrigiert. Als ein Beispiel häufig vorkommender Differenzen wähle ich das Jahr 1658. Als auswärts erschienen werden hier 120 Werke aufgeführt; das stimmt zu der Summe der unter II (Auswärtige Orte) aufgezählten Bücher, nicht aber zu der am Kopfe der Verlagsorte und Verleger gegebenen Aufzählung nach Fächern, denn hier ergibt sich nur die Ziffer 115. Der Fehler liegt in den lateinischen Schriften: diese belaufen sich an ersterer Stelle auf 72, an letzterer Stelle nur auf 67. Außerdem findet sich in diesem Jahre noch ein zweiter Fehler. Das Verzeichnis der auswärtigen Orte (II) gibt 27 italienische Schriften an, das Verzeichnis nach Fächern nur 18, also 9 weniger; dagegen gibt jenes nur 5 französische, dieses aber 14 an, also 9 mehr. Man möchte auf den ersten Blick meinen, daß diese beiden Differenzen von 9 wohl auf denselben Fehler hinausliefen, aber ich glaube, das ist nur ein Schein. Die Ziffer 14 wird für die französischen Bücher bei auswärtigen Verlegern die richtige sein, und in Genf wird für „9 fr.“ fälschlich „9 d.“ gedruckt sein, denn aus Genf sind in diesen Jahren stets französische, nie deutsche Bücher auf die Messe gebracht. (Ebenso ist es ein Fehler, wenn im Jahre 1626 bei Genf „29 d.“ statt „29 fr.“ angegeben wird.) Das Fehlen der 9 italienischen in der Aufzählung nach Fächern wird sich verteilen; auch hier wird die höhere Ziffer 27 richtig sein, denn Ferrara lieferte allein 25 italienische Werke. In der Hast der Arbeit wird der Anfertiger des „Codex nundinarius“ sich durch die Antiquaschrift hier und da zur Verwechselung des Französischen und Italienischen haben verleiten lassen.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_A.djvu/032&oldid=- (Version vom 1.8.2018)