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Regierung das Bestreben geltend, ein gerichtliches Verfahren auszuschließen. So weist dieselbe geradezu den Rat zu Leipzig oder die Bücherkommission daselbst an, auf Anrufen des mit der Überwachung des Privilegienwesens betrauten Bücherfiskals oder der privilegierten Verleger gegen die angeblichen Nachdrucker sofort mit der Exekution vorzugehen, d. h. die nachgedruckten Bücher zu konfiszieren und die in den Privilegien angedrohten Strafen einzuziehen.[1] Ja, sie nennt es nicht minder deutlich, als es der Kaiser dem frankfurter Rat gegenüber that[2], eine Kompetenzüberschreitung des leipziger Stadtgerichts, wenn dieses auf die Beschwerde eines Buchhändlers wegen des seinem Privilegium zuwiderlaufenden Vertriebs nachgedruckter Bücher gegen den angeblichen Kontravenienten nicht sofort mit Exekution vorgeht, sondern ein kontradiktorisches Verfahren eröffnet, und betont ausdrücklich, daß die Kognition und Entscheidung über die Bedeutung und Tragweite eines Privilegiums lediglich dem Kurfürsten, d. h. dem Oberkonsistorium in Dresden, zustände.[3] Freilich war für eine derartige Behandlung der Sachen das fiskalische Interesse mit maßgebend.[4] Auch wurde die Statthaftigkeit desselben wohl in Frage gestellt.[5] Übrigens war auch gegen die Verfügungen der kaiserlichen Bücherbehörden ein Beschwerdeverfahren gestattet, welches vor dem Reichshofrat stattfand, – seitens dessen freilich in der spätern Zeit auch die Erteilung der Privilegien erfolgte – und zwar in den Formen eines gerichtlichen Verfahrens von statten ging. So weist Kaiser Leopold I. in einem an den Rat zu Frankfurt in der Nachdrucksangelegenheit des Joh. Friedr. Spoor gegen Wiederholt gerichteten Mandat vom 14. April 1671 (im frankfurter Archiv), worin der Rat aufgefordert wird, dem Bücherkommissar Beistand bei der Konfiskation der nach nachgedruckten Werke des Limnäus zu leisten, darauf hin, daß Wiederholt „pro cassatione ged. Vnsern Befelchs (scil. die nachgedruckten, am Ort befindlichen Exemplare zu konfiszieren und die verwirkte Strafe beizutreiben) bey Vnserm Reichshoffrath eingekommen, solche cassation aber prioribus inhaerendo iure abgeschlagen worden“. Umgekehrt erklärt derselbe Kaiser in einem (ebendaselbst befindlichen) an den Rat zu Frankfurt in der Nachdrucksache des Buchhändlers Johann Ludwig Neuenhahn zu Jena erlassenen Anschreiben vom 28. Januar 1670, Neuenhahn habe, nachdem ihm seitens des Bücherkommissars wegen Verletzung des Privilegiums sein Buchladen gesperrt, die exemplaria weggenommen


Fußnoten

  1. So heißt es in einem an den Rat zu Frankfurt und den Bücherkommissar Hörnigk gerichteten Schreiben des Kaisers Ferdinand III. vom 23. März 1655 (im frankfurter Archiv): Der Reichshof-Fiskal Veit Sartorius von Schwanenfeld habe dem Kaiser berichtet, daß die von Johann Zwölffer herausgegebene und mit kaiserlichem Privilegium versehene Pharmacopoea Augustana von dem Buchdrucker Arnold Leers zu Rotterdam nachgedruckt und von dessen Faktor Lambert Paßport im Reiche verkauft worden sei. Der Kaiser befiehlt deshalb dem Rat bei seinen Bürgern nachzusehen, wo Leers oder dessen Faktor während der Messe ihre Bücher niederlegten. Wenn sich der betreffende Nachdruck vorfinde, so habe man sämtliche Exemplare desselben zu konfiszieren und die im Privileg erwähnte Nachdrucksstrafe einzuziehen. Werde dieselbe nicht sogleich bezahlt, so habe man solange die übrigen Bücher mit Beschlag zu belegen. Dies solle auch geschehen, wenn sich kein Exemplar des betreffenden Buchs vorfände, Leers aber des Nachdrucks überwiesen werden könnte. Die konfiszierten Bücher und das erhaltene Strafgeld sollen an den Bücherkommissar Dr. Hörnigk abgeliefert werden. In einem hierauf vom Rat dem Kaiser unter dem 28. April desselben Jahres erstatteten Bericht (gleichfalls in frankfurter Archiv) heißt es, daß sich die zum Bücherwesen bestimmten Deputirten des Rats mit dem Bücher-Kommissar in den Laden des Leers begeben hätten, daselbst zwar keine Exemplare des fraglichen Buchs vorgefunden, vom Faktor des Leers aber den Bescheid erhalten hätten, daß solche im vorigen Jahr vorhanden gewesen, seitdem jedoch nicht mehr nach Frankfurt gebracht würden; weshalb in Gemäßheit des erhaltenen Befehls sämmtliche Bücher mit Beschlag belegt wären. Noch deutlicher tritt uns das ganze Verfahren entgegen in einem Anschreiben des Kaisers Leopold an den Bücherkommissar Sperling vom 3. September 1669 (frankf. Archiv). Dasselbe lautet: „Lieber gethreuer. Aus hiebey gefügter Abschrift ersiehestu mit mehrerem, welcher gestalt, Vnser auch lieber getreuer Hannß Friedrich Spoor, Buchführer zue Straßburg uns Klagent hinterbracht, wie Philipp Andreas Oldenburg vnnd Hanns Hermann Wiederholt die opera Limnaei (worüber Er noch in Ao. Sechzenhundert vier vnnd Sechzig Vnser Kays. Privilegium Impressorium auf zehen Jahr erhalten) vnder dem auch hiebey liegenden veränderten titulo ietzgedachtem vnßerem Kays. privilegio schnurrstrackhs zuewieder und zue seiner des Spoors unwiederbringlichen schaden nachzuetruckhen sich freuentlich understanden haben sollen; Mit vnderthenigster Pitt, das wir Ihme wieder solche attentata bey seynem erlangten Privilegio gnädigst handthaben, vnnd die Contraventores in die dictierte straff würckhlich gefahlen zue sein Declarieren wolten. Gleich wie nun wir anderst nicht befinden können, als dz solche des Oldenburgs vnnd Wiederholts angezogene Auflag in substantia eben die ienige opera seyen, über welchen vorermelter Spoor von Vns gnädigst privilegirt worden, vnnd derselbe solchem nach sowohl ermelten Vnserem Privilegio als dem Klagenden Theill zum nachtheil vorgenommen, vnnd dahero keineswegs nachzuesehen seye. Also vnnd damit dz Bücherwesen umb so mehr in gutter ordnung und ein ieder bey seinem erlangten Privilegio conservirt vnd schadloß gehalten werde; befehlen wir Dir hiemit gnädigst vnnd ernstlich, dz Du hierüber ein wachsambes Aug haltest, Vnd dafern obbedeuteter nachtruckh dorthin nacher Franckfurth oder der orthen gebracht, alda distrahirt oder feil gehalten werden wolte, Du ohne ferneres ruecksehen soforth nicht allein alle Exemplaria wecknehmest; Sondern zuegleich auch von dem Truckher oder Führer solcher nachgetruckhten operum die in vorangezogenen Vnserem privilegio enthaltene straff zwölff Marckh lötigen goldes würckhlich eintreibest vnd zue handen bringest. Allermaßen wir dan zue den ende im hiebey liegenden (wie Du aus der Abschrifft ersehen wirst) dem Magistrat der Statt Franckfurth gnädiglich anbefehlen, dz er Dir dabey die handt vnaußgezogen nachtrucklich bietten vnnd reichen solle.“ Ein diesem entsprechendes Anschreiben erging unter demselben Datum an den Rat von Frankfurt.
  2. Kursächs. Reskript vom 13. Mai 1620 (s. A. Kirchhoff a. a. O. IX, 80).
  3. Vergl. oben Kapitel 9.
  4. Kursächs. Reskript vom 5. Nov. 1636 (Codex Augusteus. I, Sp. 411 fg., im Auszuge mitgeteilt von A. Kirchhoff a. a. O. S. 75 fg.) Das Reskript war hervorgerufen durch die Beschwerde des durch den Vertrieb der Nachdrucksexemplare beeinträchtigen Buchhändlers über das Stadtgericht, weil dieses „ihme keine Execution mitgetheilet, sondern er von ihnen in weitläufftigen Process gezogen werden wollen“, und es heißt in demselben: „Nun befremdet Uns solche Begünstigung derer Stadt-Gerichte bey euch nicht wenig, sintemahl über unsere, zumahl eigenhändig unterschriebene, und mit Unserem Chur-Secret besiegelte Privilegia, weder euch noch ihnen, oder iemand anders, ohne Unsere Concession keine Cognition und Decision, sondern Uns allein, euch und ihnen aber nur die bloße Execution zustehet.“
  5. So war ein zwischen dem Sekretär Christoph Mylius in Halle und Johann Hoffmann zu Nürnberg wegen der Epistolographia correcta ausgebrochener Nachdrucksstreit durch einen Vergleich der Parteien beendet. Das Oberkonsistorium zu Dresden erklärt jedoch (in einem Reskript vom 19. Dezember 1679), daß dieser Vergleich ohne Einfluß auf die durch den Nachdruck verwirkte Strafe wäre, indem es hervorhebt: „seind wir doch nicht gemeinet, Unsere privilegia und darinn enthaltene straffe nach eines ieden gefallen eludiren zu lassen.“ (Vergl. A. Kirchhoff a. a. O. S. 166 fg., Anm. 61–63.)


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 751. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_11.djvu/016&oldid=- (Version vom 1.8.2018)