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Kreis gewesen zu sein, welcher Ende der zwanziger Jahre den Druck der kaiserlichen Preßpolizei zu Gunsten der katholischen Kirche in ganz besonderm Maße zu fühlen hatte. Im Jahre 1627 mußten sich auf Antrag des Hofgerichtsfiskals Immendorff Theodor Thumm, Prediger und Professor in Tübingen, Eberhard Wild und noch zwei andere Drucker daselbst wegen einer Streitschrift gegen das Papsttum, sowie auch die tübinger theologische Fakultät wegen der erteilten Druckerlaubnis verantworten. Herzog Friedrich von Würtemberg – obschon er das beantragte Verfahren einleitete – hatte aber doch den Mut, am kaiserlichen Hofe Vorstellungen zu erheben und kräftig zu betonen, daß man bei dem betrübten Zustande des Heiligen Römischen Reichs doch nichts zur Beschwerung des Glaubens der lutherischen Konfessionsverwandten thun und nicht in unzeitigem Eifer friedsässige Personen bedrängen möge. Der Rat zu Frankfurt war gleichzeitig (13. Februar 1627) angewiesen worden, die Buchführer namhaft zu machen, bei welchen Thumms Schriften vorrätig gewesen seien, die Schriften selbst aber zu konfiszieren: der letztere Befehl erging auch an verschiedene Reichsstädte. Nur Augsburg entsprach demselben : Ulm, Straßburg, Nürnberg und selbst Frankfurt thaten aber nichts.

Besonders gewaltsam war das Vorgehen gegen den evangelischen Prediger Dr. Georg Zehmann (Zeltmann?) in der Reichsstadt Kempten: er sollte angeblich in offenen Predigten und durch in Druck gegebene Schriften die Mutter Gottes, den heiligen Franciscus und hohe Prälaten „fast schmählich blasphemirt und hochärgerlich tractirt“ haben. Er wurde im Dezember 1628 durch Erzherzog Leopold ohne weiteres aufgehoben und auf dessen Bergschloß Ehrenberg gebracht, da man wegen der in Kempten herrschenden Seuche den Beschuldigten nicht nach Innsbruck zu transportieren wagte. Die Interzession des Rates zu Kempten, und später der evangelischen Stände des schwäbischen Kreises, blieb erfolglos. Das Untersuchungsverfahren wurde von den kaiserlichen Kommissarien unter Assistenz und vermutlich thatsächlicher Leitung des Jesuitenpaters Elias Graf, Superiors in Kaufbeuren, mit großer Weitläufigkeit behandelt; die Akten umfassen 300 enggeschriebene Seiten. Trotz aller dieser aufgewandten Mühe vermochte der Reichshofratsagent Jeremias Pistorius von Burgdorf den Angeklagten dennoch nicht der Verbrechen, deren er bezichtigt war, für schuldig zu befinden;

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 646. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/039&oldid=- (Version vom 1.8.2018)