Wien ausgehenden Übergriffen gegenüber schwächlich erwies, nahm Friedrichs scharfer Blick schon damals die ersten Anfänge einer nationalen Umwälzung wahr, wie sie kaum zehn Jahre später der Dreißigjährige Krieg brachte. Es war die Zeit, die unmittelbar auf die Einnahme von Donauwörth (1607) folgte, die kurze Periode zwischen dem ersten und zweiten Unionsvertrage (1608 und 1610). Es lag also Grund genug zum „Mißtrauen gegen die im Reiche fürgehenden Praktiken“ vor. Der pfälzer Kurfürst erkannte deshalb auch in den ganz unversehens auf der frankfurter Messe beliebten Maßregeln gegen die Presse einen wohlberechneten und weit tragenden Angriff der damals allmächtigen Jesuiten auf die eigentliche Lebensbedingung des Protestantismus, die freie Wissenschaft und Litteratur überhaupt. Unter den obwaltenden Umständen that er also ganz das Rechte, indem er seinem sächsischen Bruder gemeinschaftliches Vorgehen vorschlug. Dieser Brief vom 18. März 1609 ist ein wichtiger politischer Beitrag zur Geschichte der Zeit. Er lautet wörtlich:
„Welcher Maßen in nächst verschienener Meß zu Frankfurt zwei allda gesessene papistische Priester, beneben dem Fiskal zu Speyer, bei den Buchführern, sammt und sonders, mit Vorweisung einer gedruckten offenen Kayserlichen Kommission Ansinnens gethan, ihnen deren von jedem in solcher Messe neu ausgefertigten Büchern ein Verzeichniß, folgends auch jedes neu gedruckten Buches ein Exemplar vor die Kayserliche Reichshof-Kanzlei zu liefern, zu dem Ende, damit dieselbe solche Bücher nachsehen, censurire und was sonsten oder ferners gefährlich und nachtheilig unterlaufe, abgeschafft und die daran Schuldigen zur Strafe gezogen werden, mit dem fernern Vermelden, daß solche neue Anstellung und Visitation nicht allein auf die Buchdrucker, sondern auch auf die Verbreiter selbsten, damit dieselbigen, was sie nicht recht censurirt hätten, darum mit Ernst angesehen würden, gemeint wäre; Insonderheit was die christlichen Sachen anlangt, darunter die meisten Famosschriften ausgangen und begriffen wären, und darüber die weltlichen Obrigkeiten sich keiner Censur mächtigen oder anmaßen könnten: Solches E. L. frei nicht weniger denn uns von den unsrigen (so gleichwohl sehr spät geschehen) von dero angehörigen Buchführern zu ihrer Heimkunft referirt und angebracht worden sein.
„Wiewohl nun solche neue Kommission in äußerlichen Buchstaben
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 630. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/023&oldid=- (Version vom 8.6.2021)