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vor dem Reichskammergericht). Er hat aber solche Bedrohung mit Stillschweigen und Geduld also hingehen lassen, sonderlich, weil man weder ihm noch sonsten Jemanden der Unserigen dies Mal weiter nichts zugemuthet, wie wir denn auch nicht erfahren, daß Jemand von denen Buchführern, so unter des Raths zu Frankfurt Botmäßigkeit sein, einig Exemplar auszuantworten gedrungen sey, daß es also zu vermuthen der Rath daselbst werde sie bißher hierwieder geschützet haben. Desgleichen werden wir von dem churfürstlich pfälzischen Buchdrucker Gotthard Vögelin berichtet, er sei von seinem gnädigsten Churfürsten ausdrücklich befehligt und gleichsam darauf instruirt, daß er kein Exemplar geben solle. Dies ist also itzo fürgelaufen.“

Um nun für die Zukunft vor derartigen Zumutungen gesichert zu sein, bitten die Buchhändler schließlich den Rat, daß auch er den Kurfürsten veranlassen wolle, diese wichtige Sache mit dem Kaiser zu ordnen. Es sei das um so nötiger, als die Freiheit der frankfurter Messen Zufuhr und Abfuhr der Waren sicher stelle, weshalb man letztere bis zu ihrem Verkauf ohne jede Gefahr dort lassen könne; das neuerliche Vorgehen der Bücherkommissarien gereiche aber nicht allein den lutherischen Buchhändlern und ihren Waren, sondern auch allen augsburgischen Religionsverwandten und namentlich dem Kurfürsten, als dem vornehmsten protestantischen Reichsstand, zu merklichem Präjudiz.

Die Willkür der frankfurter Bücherkommission hatte sich selbstredend nicht auf die sächsischen Buchhändler beschränkt, vielmehr auf alle ihre protestantischen Kollegen ausgedehnt. Diese letztern fügten sich ohne Klage der Übermacht; nur der heidelberger Verleger und Drucker Gotthard Vögelin bildete die einzige – wenigstens nach den Akten einzige – Ausnahme von der Regel. Auch er hatte sich bei seinem Landesherrn beschwert, von diesem aber, wie obige Eingabe erwähnt, den bestimmten Befehl erhalten, sich den Aufforderungen nicht zu fügen. Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz (1592 bis 1610) war ein eifriger Protestant und ein klarer politischer Kopf, der nichts von der engherzigen theologisch-ängstlichen Kleinigkeitskrämerei der meisten damaligen protestantischen Fürsten an sich hatte und schon als junger Fürst die Vereinigung der einander heftig bekämpfenden reformierten und lutherischen Religionsparteien erstrebte. Während Sachsen sich darin gefiel, alle Besorgnisse für den Protestantismus als Hirngespinste abzuweisen, sich den von

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 629. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/022&oldid=- (Version vom 1.8.2018)