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Wenn auch nicht in dem Maße, wie der französische Verlagshandel, so doch in weit stärkerm, als man gewöhnlich annimmt, wurde auch der deutsche durch diese planmäßig betriebene Piraterie der Holländer betroffen. In die Augen springen meist nur die Nachdrucke aus der theologischen und aus der deutschen Nationallitteratur, hier besonders die der Werke von Opitz, Moscherosch, Zinkgref, Harsdörfer, Zesen u. s. w., aber viel bedeutender und umfangreicher war jene Nachdruckerthätigkeit auf dem Gebiete der Erbauungslitteratur und wurde gerade hier von den dadurch betroffenen Verlegern um so schwerer empfunden, je weniger gerade der Absatz dieser Litteratur an sich in den trüben Zeiten gelitten hatte. Bereits im Jahre 1629 heben die Gebrüder Stern in Lüneburg hervor, daß, wenn man sich in Deutschland einer bessern Ausstattungsweise der Bücher befleißigt hätte, „die Amsterdamer vnd Leyder nicht verursachet, vnser Evangelische Bücher zu drücken“, und acht Jahre später (1637), daß es dem deutschen Lande wenig Ehre gebracht haben würde, wenn man – falls sie nicht selbst, wie sie sehr selbstbewußt und doch nicht ganz zutreffend sagen, mit ihrer guten Ausstattung eingetreten wären – „auß Hollandt solche gemeine Teutzsche Bücher hette holen müßen“. Sie wurden aber doch geholt, denn natürlich wagten sich, wenn überhaupt, diese Nachdrucke nur verstohlen in den Meßverkehr; ihr Vertrieb erfolgte meist auf dem Korrespondenzwege. Aber der Schaden der deutschen Verleger blieb doch ein ganz unberechenbarer. Im Jahre 1653 betont Wolfgang Endter von Nürnberg in einer umfänglichen Beschwerdeschrift an das Oberkonsistorium in Dresden, wie er und andere Buchhändler bereits früher dem Rate zu Frankfurt a. M. dargelegt hätten, „wie großen Schaden vns Teutschen Buchführer durch frembde vnd benamtlichen durch dießen Holländer mit nachtruckung dergleichen privilegirten und anderer Bücher zugefüget werde“.[1]

So hatte denn alles dazu mitgewirkt, den holländischen Buchhandel während der trostlosen Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zu einer dominierenden Macht im allgemeinen Geschäftsgetriebe und auf der frankfurter Messe heranwachsen zu lassen, zu einer Macht, der sich alles beugen mußte und beugte. Schmerzlich genug empfanden die deutschen Buchhändler dieses Übergewicht. Denn die Holländer waren sich ihrer Machtstellung bewußt und verstanden es, sie zu voller Geltung zu bringen, die Deutschen aber litten unter ihren Folgen, fühlten ihre Interessen


Fußnoten

  1. Archiv VIII, 67. 69. 73.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 499. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/052&oldid=- (Version vom 1.8.2018)