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Für den städtischen Handel bietet Nürnberg einzelne sehr lehrreiche Beispiele. Die dortigen Buchdrucker Stuchs und Arbogast hatten 1523 eine vom Barfüßermönch Kettenbach verfaßte „Praktika“ veröffentlicht, in welcher Papst und Kaiser mit Schmähungen überhäuft wurden. Der Rat ließ den Verkauf, wie auch den von Luthers Büchlein gegen Heinrich VIII. von England bei allen Buchführern, Bürgern und Inwohnern am 14. September verbieten und die vorhandenen Exemplare wegnehmen. „Das alte Fräulein im Tuchscherergäßchen“ büßte den Verkauf, wie schon früher erwähnt, vier Tage und Nächte an eine Bank angeschlossen. Unter dem Rathause aber sollte man in Zukunft weder gedruckte Bücher noch Briefe oder Gemälde feil haben dürfen. Ferner verbot der Rat im September 1524 den Verkauf der andern Lutherschen Büchlein, in welchen Kaiser und Fürsten Narren genannt wurden. Die Buben, welche solche Büchlein am Marke feil hatten, ließ der Rat vorladen. Einer derselben hieß Johann Faust; er hatte Luthers neuen Traktat „Über zwei kaiserliche widerwärtige Mandate“ feilgeboten. Obschon nun kaiserliche Majestät darin sehr geschmäht wird, erhielt der Knabe doch nur einen starken Verweis und den Befehl, sich in Zukunft des Verkaufs solcher Schmähbüchlein zu enthalten. Er hatte übrigens auf Befragen Wolf (Präunlein?) von Augsburg als den Buchführer genannt, der ihm solche Büchlein zum Verkauf übergeben. Aber Leonhard Fink, Buchführer in der Mendlin Hinterhaus, wurde strenger behandelt; er wurde zur Strafe vier Tage und vier Nächte in den Turm gesetzt. Dem Fremden, der in Pirckheimers Hofe gemalte Tüchlein feil hatte, ließ der Rat den Verkauf untersagen, weil sich schändliche Gemälde über den Papst darauf befanden. Frau Agnes, Stephan Hammers des Briefmalers Weib, hatte etliche Büchlein zum Verkauf ausgeboten, welche gegen die vom päpstlichen Legaten in Regensburg erlassene Reformation gerichtet waren; die Bischöfe wurden darin geschmäht und „Fladenmacher“ genannt. Hierfür ward der Frau Agnes zur Strafe auferlegt, drei Tage und ebenso viel Nächte an einer Bank zu büßen.[1]

Ebenso eifrig trugen aber die Buchführer die Flugschriften auch auf das Land. Sie lasen den Bauern Kraftstellen daraus vor, machten übertriebene Anpreisungen vom Inhalt oder sagten ihnen plumpe Schmeicheleien, um sie der Anschaffung des neuesten, „in diesem Jahr gedruckten“ Büchleins desto eher geneigt zu machen. Im Durchschnitt kostete ein


Fußnoten

  1. Soden a. a. O. S. 202–204.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 435. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_07.djvu/031&oldid=- (Version vom 1.8.2018)