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Geschäfts herüberkam. Ihn begleitete der tüchtige Korrektor Lotters, Hermann Tulich (Dulichius), der bald darauf in Wittenberg eine Professur erhielt. Der erste nachweisbare wittenberger, im Februar 1520 vollendete Druck aus der Lotterschen Offizin ist eine akademische Festrede Melanchthons auf den Tag des heiligen Paulus. Sie trägt die Unterschrift Melchior Lotters des Jüngern. In dieser Offizin nun wurde der größte Teil aller Schriften Luthers aus dem Anfang der zwanziger Jahre gedruckt. Zwar ließ es die Gutherzigkeit des Reformators nicht zu, daß darüber der arme, leider unfähige Grunenberg ganz außer Brot gesetzt wurde. Ab und zu gab er auch ihm immer wieder einzelne Aufträge, wie auch aus dem oben mitgeteilten Brief an Spalatin vom 15. August 1521 hervorgeht. Kommt er doch sogar zu Ende jenes Briefs noch einmal auf den Druck der Postille zurück und schreibt: „Ich habe mich anders besonnen und schicke den Rest der Postille, weil ich denke, es möchte das, was ich früher geschickt, schon angefangen sein zu drucken, sodaß kein Aufschub oder Einhalt werden kann. Ich möchte aber, daß es auf Regalpapier und mit Lotters Typen gedruckt würde.“ So räumt er, nachdem sein erster Zorn sich verflüchtigt, dem verzweifelnden Meister Hans wieder den Weiterdruck der Postille ein, nur sollte dieser – Grunenberg – sich von Lotter die Lettern dazu borgen.

Auch in Leipzig druckte der alte Lotter zu Anfang der zwanziger Jahre einzelne Luthersche Schriften neben seinen Söhnen in Wittenberg. Doch mögen das allerdings Nachdrucke gewesen sein, zu denen er nicht beauftragt war. Auf keinen Fall hätte er sich wundern dürfen, wenn ihm Luther nichts zu drucken gegeben hätte, da er sich kein Gewissen daraus machte, auch Gegenschriften gegen Luther herzustellen. Das brachte aber nun einmal, wie die Buchdrucker und Buchführer meinten, das Geschäft so mit sich. Derb und kräftig schildert Johann Eberlin von Günzburg dies Treiben in seinem Schriftchen „Mich wundert, daß kein Geld im Land ist“ (Eilenburg 1524, Jakob Stöckel). Er sagt: „Itzt sein sie gefallen auff die lutherische buchlein, auff heilige geschriefft, auch allein vmb genieß .... vnn wan der euangelisch handel ynen nit wil mehr gelten, so fallen sie so vast auff den Pebstischen als kein Papist, darauß volgt yr verdamniß, der bauch ist yr got, sie suchen gelt vnn gut gurch gottis wort .... vnd dan zu schyrm yres abfals sprechen sie, Dieweil so grosser zangk sey zwischen predigern, wöllen sie beyde partheyen lesen,

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_07.djvu/016&oldid=- (Version vom 1.8.2018)