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aufgeführt. Im Jahre 1507 veröffentlichte er bei Aldus seine Übersetzung zweier Euripideischen Tragödien. Was Erasmus in seiner Sprichwörtersammlung („Adagia“) über den Wahlspruch seines Freundes „Festina lente“ schrieb, war Aldus ganz aus der Seele gesprochen. „Früher“, so lautet die Stelle wörtlich, „widmete man der Genauigkeit der Manuskripte eine ebenso große Sorgfalt, als der Redaction eines notariellen Aktes. Diese Sorgfalt galt als heilige Pflicht; später wurde sie unwissenden Mönchen und dann sogar Frauen anvertraut. Aber um wie viel größer ist das Übel, welches ein Drucker anrichten kann! Die Gesetze sagen nichts über diesen Punkt. Man straft den, welcher englisches Tuch statt des venezianischen verkauft; aber derjenige, welcher an Stelle guter Texte dem Leser wahres Kreuz und wahre Qualen schafft, bleibt unbestraft. Daher rührt auch, namentlich in Deutschland, die unzählige Masse entstellter Bücher. Während es Verbote gegen die Bäckerei gibt, fehlt ein solches gegen die Typographie, und doch, wo ist der entfernteste Erdenwinkel, wohin nicht die gedruckten Bücher gleich Bienenschwärmen fliegen?“ Im Jahre 1508 kam Erasmus von Bologna nach Venedig, um bei Aldus eine neue verbesserte und vermehrte Auflage seiner Sprichwörtersammlung auszuarbeiten und drucken zu lassen. Sie erschien denn auch im September 1508.[1] Aldus nahm den berühmten Gastfreund zuvorkommend auf und gab ihm Wohnung im Hause seines Schwiegervaters Andrea Torresani di Asula. Wie sorgfältig der Druck überwacht wurde, das beweist die Thatsache, daß Erasmus selbst die erste Korrektur las, ein Korrektor Seraphin die zweite, und Aldus die dritte, um, wie letzterer auf Befragen erklärte, sich zu bilden. Eine zweite Aldinische Ausgabe erschien 1520, jedoch gestattete die italienische Geistlichkeit nicht ihre Verbreitung; ihre Feindseligkeit gegen die Sammlung ging so weit, daß Paul Manutius später nicht einmal den Namen des Erasmus als des Verfassers in seinen Verlagskatalogen nennen durfte, ihn mit der Umschreibung: „Batavus quidam homo“ bezeichnen mußte.

Erasmus beschäftigte sich übrigens damals in Venedig nicht bloß mit der Herausgabe seines eigenen Werkes, bei welcher ihn, wie er selbst sagt, Italiener und Griechen – der spätere Kardinal Hieronymus Aleander war unter anderm Korrektor bei Aldus – zuvorkommend durch Mitteilung von Büchern und Handschriften unterstützten, sondern half auch seinem Gastfreunde bei dessen Arbeiten; er korrigierte für ihn nach den


Fußnoten

  1. Didot a. a. O. s. 297.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_06.djvu/019&oldid=- (Version vom 1.8.2018)