Seite:Geschichte des Dt Buchhandels 1 06.djvu/018

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihm viele seltene, bisher unbekannte Handschriften einsendeten. Sonst war Aldus ein großer Verehrer und Bewunderer Maximilians, der seinerseits ihm wohlwollte. Die Rhapsodie erschien übrigens 1504 bei Johann Otmar in Augsburg.

Und mit welchem Enthusiasmus wurden diese neuen Schätze in den deutschen Landen aufgenommen! Der Humanist Mutianus Rufus (1472 bis 1526) weinte vor Freuden, als ihm ein Freund einen Aldinischen Cicero, Lucrez, Curtius u. a. schenkte. Er und seine Freunde Urban und Spalatin entzogen sich das Notwendigste, um mit vieler Mühe die Aldinischen und andere Ausgaben der klassischen Autoren über die Alpen herbeizuschaffen.[1] Wilibald Pirckheimer und Johann Reuchlin gehörten mit zu den ersten Käufern der venezianischen Ausgaben überhaupt. „Zu jener Zeit“, sagt des erstern Biograph, Rittershaus, „waren sie sehr teuer, wie sie auch heute noch, wenn sie überhaupt zu haben sind, verdientermaßen als Schätze aufbewahrt werden, vor allem aber diejenigen, welche Aldus Manutius gedruckt hat, welchen man mit Recht die Zierde und den Schmuck der Buchdruckerkunst nennt. Seine schönsten Ausgaben kaufte daher Wilibald zu hohen Preisen und mit großen Kosten an.“ Michael Hummelsberger aber schreibt am 11. November 1512 an Thomas Anshelm in Tübingen[2]: „Hebräische Bücher werde ich in Italien erwerben, denn man sagt mir, daß dort einige mit den feinen und schönen Aldinischen Buchstaben gedruckt sind. Die Deinigen sind nicht weniger fein, kommen jenen vielmehr gleich, wenn sie dieselben nicht übertreffen. Daher verdankt Dir Deutschland ebensoviel als Latium seinem Manutius.“

Von seinen zahlreichen Verbindungen mit europäischen Gelehrten hat für Deutschland keine eine größere Bedeutung, als sein Verhältnis zu Erasmus. Es konnte nicht fehlen, daß sie bei gleicher wissenschaftlicher Richtung schon früh einander nahe traten und auch später, als sie sich persönlich kennen lernten, ein engeres freundschaftliches Verhältnis unterhielten, welches bis zu Aldus’ Tode ungetrübt fortdauerte. Daran zu zweifeln liegt kein Grund vor, obschon kleinlicher Klatsch das Gegenteil behauptet. Undenkbar wäre es, daß Erasmus mit dem Sohne und den Enkeln des Aldus nach wie vor auf dem besten Fuße hätte stehen können, wenn wirklich ein Bruch stattgefunden gehabt hätte.

Schon 1500 wird Erasmus als Mitglied der Aldinischen Akademie


Fußnoten

  1. Kampschulte a. a. O. I, 82. Didot a. a. O. S. 290.
  2. Horawitz, Der Humanismus in Schwaben. S. 23.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_06.djvu/018&oldid=- (Version vom 1.8.2018)