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vor und während der Reformation als Lehrer der Jugend thätig waren. Dabei hat Langen Bibliotheken in kleinen westfälischen Landstädtchen, wie z. B. Lünen, gegründet oder gründen helfen, welche heutzutage nichts mehr jener Zeit Ähnliches aufzuweisen haben; dauernd aber war der Segen, welchen die Tausende von Humanisten aus der Schule Hegius’ und Langens im engern und weitern Vaterlande verbreiteten. Es ist kein Zufall, daß Münster so bald mit der Reformation und seine Söhne mit den Häuptern derselben Beziehungen anknüpften. Langen hatte den Boden vorbereitet und seine Stadt zum Herde des Humanismus erhoben. Mit diesem hielten auch die Buchdrucker und Buchhändler ihren siegreichen Einzug in Münster und lieferten die geistigen Waffen, welche jetzt täglich unentbehrlicher wurden.

Auf diese Pioniere, welche trotz ihrer Begeisterung für das klassische Altertum noch fest an ihrer Kirche hingen, oder von ihr abhingen, und durch diese ihre Stellung vielfach in Zwiespalt mit sich selbst gerieten, folgte nun in der zweiten, in der wissenschaftlichen Periode des deutschen Humanismus ein jüngeres Geschlecht, welches sich entweder ganz gleichgültig gegen die Kirche verhielt oder sie im geheimen erbittert bekämpfte, indessen vorsichtig genug war, es äußerlich nicht mit Rom zu verderben. Es fing an, dessen Ansprüche und Recht in Zweifel zu ziehen, die kirchlichen Überlieferungen kritisch zu widerlegen, den Klerus zu verachten und sich mit desto ungeteilterer Liebe der Heimat zuzuwenden. Diese Männer also eröffneten die zweite Periode des Humanismus.

Am besten gediehen sie in Basel und dem ganzen südwestlichen Deutschland, sowie später auch in Erfurt; indessen gelangte der Humanismus selbst in Wien zu einer kurzen Blüte, wenn auch, weil nur von fürstlicher Gunst gepflegt, nur zu einer kurzen. Kaiser Maximilian schien durch seine Kunst und Wissenschaft gebrachten Huldigungen ein neues Zeitalter für Österreich herbeigeführt zu haben; allein mit seinem Tode (1517) starben alle von ihm liebevoll gepflegten Keime wieder ab. Es war eben nur ein flüchtiger Zwischenakt, wie es deren auch sonst noch in der österreichischen Geschichte gibt. Übrigens wirkte die verständnisvolle Teilnahme dieses feingebildeten Fürsten an allen idealen Bestrebungen seiner Zeit und sein freundschaftlicher Verkehr mit Gelehrten und Künstlern anregend und veredelnd auf sein Zeitalter und fesselte die bedeutendsten Maler, Bildhauer und Gelehrten an seine Person. Der Kaiser machte Erasmus, Peutinger

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_06.djvu/005&oldid=- (Version vom 1.8.2018)