wissenschaftlich gebildete Männer in ihre Interessen und Dienste zu ziehen. Es sei hier nur an die Koberger, Aldus und Froben erinnert, denen sich später die Oporin, Plantin und Etiennes würdig anschlossen. Die Nachwelt ist mithin in erster Linie nicht sowohl den Gelehrten, welche keine Verleger, als den Verlegern, welche Gelehrte waren oder sie hoch schätzen, für die Erhaltung der Klassiker des Altertums und der mittelalterlichen Theologen zu ewigem Dank verpflichtet. Ohne die Druckerpresse wären die glänzenden Siege des Humanismus kaum so entscheidend geworden, und ohne diesen hätte auch der Handel mit Büchern nicht sobald einen so hohen Flug genommen.
Als den Vorläufern und Gründern der neuen geistigen Bewegung gebührt der erste Platz im erlauchten Kreise deutscher Humanisten den „Brüdern vom gemeinsamen Leben“, deren großer Verdienste um die Ausbreitung des Buchdrucks bereits im zweiten Kapitel gedacht wurde. Sie führten ihn in ihre eigenen Anstalten ein und machten ihn vor allem ihren Bildungszwecken dienstbar. Die neue Erfindung war ihnen ein wirksameres Mittel als die Schrift, den Scholastizismus durch gründlichen Unterricht zu bekämpfen und das faule Mönchstum durch fleißiges Studium möglichst unschädlich zu machen. Unter ihrem Rektor Alexander Hegius (aus Heek bei Horstmar im Münsterlande, etwa 1433 bis 1498) entwickelte sich die Schule von Deventer zum Mittelpunkt der humanistischen Bewegung, und nach dessen Tode trat die münstersche Domschule unter dem gelehrten Domherrn Rudolf von Langen (geboren 1438 in Everswinkel, gleichfalls im Münsterlande, und gestorben 1519 in Münster) würdig an die Seite von Deventer. Radienförmig liefen von beiden Schulen die Zweiganstalten der Fraterherren als Pflanzstätten humaner Bildung und gelehrter Forschung aus. Die gelehrtesten Männer der Zeit huldigten Hegius und Langen als ihren Meistern; ihre Schulordnung galt ein halbes Jahrhundert lang als unerreichbares Muster, und ihre Lehrbücher blieben ebenso lange, wenn nicht noch länger, im allgemeinen Gebrauch. Deventer und Münster versorgten ganz Deutschland mit tüchtig gebildeten Lehrern und machten das Studium der Klassiker zur Grundlage der gelehrten Bildung. Schlettstadt im Elsaß (Dringenberg), später Meißen, Pforta und Merseburg in Sachsen (Rivius) und Schwerin in Mecklenburg (Daber Kusius), ja selbst Kopenhagen bezeichnen die äußersten Grenzen, bis zu welchen die Schüler der holländisch-westfälischen Humanisten
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_06.djvu/004&oldid=- (Version vom 1.8.2018)