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Dagegen wirkt die Hervorhebung des persönlichen Moments und die liebevolle Vertiefung in das frisch pulsierende Leben des einzelnen Menschen allgemein desto erfrischender und anregender, wenn sich in ihm die fortschreitende Entwickelung unverfälscht widerspiegelt. Ein solcher Mann ist der bereits im zweiten Kapitel in seinem Gesamtwirken geschilderte Anton Koberger, der erste deutsche, ja europäische Buchhändler im großen Stil, ein schöpferischer Geist, ein unternehmender Kaufmann von reicher Erfahrung und weitem Gesichtskreis. Die dort gegebene Charakteristik möge hier ergänzt werden durch den Inhalt des Briefwechsels, welchen er jahrelang mit Johann Amerbach und Johann Petri über den Druck der Hugo’schen Bibel samt Postille führte; derselbe wirft ein hochinteressantes Licht auf den damaligen Handel und Wandel, wie es in gleicher Unmittelbarkeit auf buchhändlerischem Gebiet kaum irgend anderswo geboten wird.[1]

Die Verhandlungen zwischen den Geschäftsfreunden begannen schon im Jahre 1493. Johann Petri, der baseler Drucker, welcher vielfach in Gemeinschaft mit Amerbach arbeitete, befand sich damals in Nürnberg und schrieb diesem am 24. Oktober 1493, daß Koberger, wie mit Amerbach „des Hugo’s halben“ auch mit ihm gesprochen und daß er, Petri, ihm seine Bedenken über die Schwierigkeit eines so großen und umfangreichen Unternehmens nicht verhehlt habe, weshalb man sich wohl vorsehen müsse. Es scheint, daß Petri Arbeit haben wollte und deshalb den Kosten vorschießenden Verleger in Nürnberg besuchte. Die Verhandlungen führten aber damals zu keinem Ergebnis; Koberger schwankte noch. Er wollte Petri nicht abreisen lassen, zugleich aber auch mit Amerbach die Sache besprechen und bat diesen, nach Nürnberg zu kommen. Aus diesem Grunde, meinte Petri, solle sich Amerbach ein Pferd kaufen und gen Nürnberg reiten, damit sie dort gemeinschaftlich mit Koberger das Weitere über den Druck des Hugo verabreden könnten. Ob diese Zusammenkunft wirklich stattgefunden hat, ist aus der Korrespondenz nicht ersichtlich, da der zweite in der Sammlung erhaltene Brief erst am 27. April 1495 geschrieben wurde. Jedenfalls war der Vertrag schon vor dem letztern Datum abgeschlossen, denn an diesem Tage schreibt Koberger an Amerbach, daß er ihm 18 Handschriften zur kritischen Durchsicht des Textes übersandt habe.

Amerbach nahm erst in Jahre 1498 den Druck in Angriff. Er


Fußnoten

  1. Kobergers Bedeutung als Buchhändler ist durch Oskar Hases vortreffliche Schrift: „Die Koburger, Buchhändlerfamilie zu Nürnberg“ der Mitwelt wieder vor die Augen geführt worden. Der Verfasser des vorliegenden Werkes verdankte der Güte des Dr. L. Sieber, Oberbibliothekars in Basel, die erste Einsicht in die im Archiv dieser Stadt aufbewahrte Sammlung von 123 Briefen, welche die Herstellung des erwähnten großen, auf Kobergers Kosten von Amerbach und Petri gedruckten Werkes besprechen und, wenn auch unvollständig erhalten, doch einen selten reichen Schatz von authentischen Thatsachen über die damalige Buchdrucker- und Verlagsthätigkeit in sich bergen. Dr. Hase, vom Verfasser darauf aufmerksam gemacht, hatte diplomatisch genaue Abschriften dieser Briefe von Dr. Sieber erhalten und dieselben – als Anhang zur zweiten, während des Drucks dieses Bandes erschienenen zweiten Auflage seines Werkes bestimmt – bereits 1881 setzen lassen. Dieser Abdruck bildet auch die Grundlage für die Darstellung im Texte.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 342. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/080&oldid=- (Version vom 1.8.2018)