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nicht bei Calvin voraussetzen, als er 1555 dem Rate der Stadt Frankfurt seine „Harmonia Evangelistarum“ dedizierte und dafür eine „Verehrung“ von 40 Goldgulden empfing. Ganz klar liegt aber die Absicht, einen Gewinn zu erzielen, vor bei Sigmund Feyerabend in Frankfurt a. M., einem der bedeutendsten, aber auch zugleich geriebensten Buchhändler seiner Zeit. Er hatte dem dortigen Rate am 2. April 1566 Rüxners soeben bei ihm erschienenes „Turnierbuch“ verehrt. Als er mehrere Wochen lang von der Annahme des Geschenks nichts hörte, ließ er am 25. April anfragen, „ob man Ime dagegen etwas ergetzlichkeit thun wolle?“ Der Rat beschloß jedoch, „man solle es damit verbleiben lassen“.[1]

Allmählich bildete sich eine feststehende Praxis für Behandlung dieser Bettelei aus, die mit dem Jahre 1570 besonders stark wurde. Verleger oder Verfasser behielten sich sogar vertragsmäßig die Dedikation vor. Ein im königlich sächsischen Geheimen Hauptstaats-Archiv befindlicher Band (Loc. 7208) zählt von 1571 bis 1670 nicht weniger als 192 „von unterschiedenen Autoribus beschehene Dedikationes an die Kurfürsten von Sachsen“. Fast jedes deutsche Archiv enthält derartige Verzeichnisse. In der Stadt Zürich sind von 1670 bis 1685 nicht weniger als 38 solcher Dedikationen erledigt. Adelige Schriftsteller erhielten eine größere Verehrung als bürgerliche, Gelehrte von Ruf mehr als sonstige Schriftsteller, Glaubensgenossen wurden besser behandelt als die Angehörigen anderer Konfessionen. Unbedeutende Autoren wurden häufig mit höchstens ein paar Thalern oder Gulden abgespeist, oder auch bedeutet, es nie wieder zu wagen, „sich mit ähnlichen Anerbietungen unangenehm zu machen“. Die Fürsten wurden bald so gleichgültig gegen solche Geschenke, daß sie nicht mehr darauf antworteten, im günstigsten Falle sich nach langer Verzögerung eines Bescheids von ihren Ministern dazu drängen ließen, oder auch kurzer Hand ablehnten. Die Kurfürsten von der Pfalz waren im 16. Jahrhundert wohl die freigebigsten unter ihren Standesgenossen, die von Sachsen als Landesherren von Leipzig dagegen öfter heimgesucht und die Hohenzollern auf diesem Ohr ziemlich taub. In den Reichsstädten behandelte man die Dedikanten je nach Laune und zahlte je nach dem Inhalt der Stadtkasse. Beispiele sind beinahe überflüssig, wo Tausende von Büchern mit solchen Widmungen versehen sind; indessen mögen doch einige charakteristische Fälle aus Dresden und Zürich hier ihren Platz finden.


Fußnoten

  1. Pallmann, Heinrich, Sigmund Feyerabend. Frankfurt a. M. 1881. S. 2, 3, 31.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/056&oldid=- (Version vom 1.8.2018)