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Die Namen dieser hervorragenden Männer werden genügen, um die hohe Bedeutung ihrer Aufgabe zu würdigen. Es ließen sich ihnen leicht noch Hunderte anreihen, welche in derselben Weise thätig waren, und namentlich gute Klassikerausgaben herstellten. Im Auslande machte sich ganz dasselbe Verhältnis geltend; die lyoneser und pariser Kastigatoren standen in keiner Weise hinter den deutschen zurück. Daß Aldus in Venedig Gelehrte ersten Ranges als Texteskritiker beschäftigte, bedarf keiner weitern Ausführung. Es genüge hier, einige seiner ältesten Mitarbeiter zu nennen, wie den spätern Kardinal Hieronymus Aleander (1480 bis 1542), denselben, der 1521 in Worms die Reichsacht gegen Luther mit wenig wählerischen Mitteln durchsetzte, Pietro Bembo, sowie die Griechen Markus Musuros, Demetrius Ducas, Johann von Kreta und vor allen Erasmus.[1] Wie vornehm übrigens bedeutende Kastigatoren ihre Stellung auffaßten, beweist das Beispiel des Prager Sigismund Gelenius (1497 bis 1554). Dieser war bei Froben schon lange Jahre für die Herausgabe klassischer und hebräischer Werke thätig, als ihn Melanchthon 1525 als Lehrer der griechischen und lateinischen Sprache für die in Nürnberg neu zu errichtende gelehrte Schule vorschlug. Gelenius nahm aber trotzdem, daß ihm ein Gehalt von 100 Goldgulden geboten wurde, den Ruf nicht an. Erasmus sagt 1529 von ihm: „Sigismund Gelenius ist ohne alle Prahlerei ein ausgezeichneter gelehrter Mann, und, was bei Gelehrten selten ist, ein feiner Kopf von scharfem Urteil, der vieles glücklich erfaßt hat, was andern entgangen ist“ Die Höhe des Honorars, welches die Kastigatoren von den Verlegern für ihre Mühewaltung erhielten, ist aus den Quellen nicht ersichtlich. Man wird sich so billig als möglich mit ihnen abgefunden und je nach Stellung und berechtigten Ansprüchen dem einen mehr, dem andern weniger bezahlt haben. So schreibt Beatus Rhenanus am 10. Mai 1517 an Erasmus: „Lachner verspricht, sich Dir für Deine Arbeiten dankbar zu erweisen. Du wirst für Deine Textesrevision der Werke des göttlichen Augustinus im nächsten September etwas erhalten, denn er berät sich jetzt in Frankfurt mit Koberger über diese Angelegenheit.“

Mit den Fortschritten der Reformation hörte aber die bisher auf den korrekten Text der Bücher verwandte größere Sorgfalt auf. Empört über die täglich mehr einreißende Liederlichkeit, schreibt Erasmus 1528: „daß ein solcher Autor mit solchen Kosten so fehlerhaft herausgegeben


Fußnoten

  1. Didot, F., Alde Manuce. S. 414.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/049&oldid=- (Version vom 1.8.2018)