Seite:Geschichte des Dt Buchhandels 1 05.djvu/027

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Wortes. Derselbe Verleger druckte nicht mehr ein Buch nach dem andern, sondern mehrere kleine und große zu gleicher Zeit. Es ist der auf den Buchhandel übertragene Großgeschäftsbetrieb, welcher in der schon während des spätern Mittelalters blühenden offenen Handelsgesellschaft sein Vorbild fand. Anfangs schoß der eine Gesellschafter das Geld, der andere seine Arbeit ein, oder es gaben beide oder mehrere zugleich Geld und Arbeit her. Später, als sich ein bestimmter Setzer- und Druckerstand auszubilden anfing, legten die Kapitalisten ausschließlich eine bestimmte Summe Geldes ein und nahmen die frühern Genossen oder Gehilfen als Lohnarbeiter an. Der Vertrag ging unter gleichem Anteil an Verlust und Gewinn auf ein besonderes Unternehmen, oder auf die Betreibung eines allgemeinen Verlagsgeschäfts, lief auf eine bestimmte oder unbestimmte Zeitdauer, und engagierte entweder des Gesellschafters ganzes Vermögen oder nur einen Teil desselben.

Der älteste Gesellschaftsvertrag zwischen einem Kapitalisten und mehrern Druckern, vom Jahre 1470, abgeschlossen zwischen Emilio Orsini in Foligno einerseits und Johann Neumeister, Stephan, Johann Ambracht und Kraft andererseits, wurde schon im dritten Kapitel näher angeführt.[1] In einem andern ziemlich gleichzeitigen Gesellschaftsvertrage steht ein Drucker sechs Kapitalisten gegenüber. Am 20. Mai 1472 in Mailand geschlossen, zerfällt er in einen Haupt- und Nebenvertrag und faßt die Pflichten und Rechte der einzelnen Gesellschafter so bestimmt und klar ins Auge, daß mit einem Auszuge aus seinen Bestimmungen die Natur aller derartigen Verträge erschöpft werden dürfte. In dem Hauptvertrage sind die Gesellschafter: der Drucker Antonius Zarotus von Parma, Gabriele de li Orsinni, Priester, Colla Montana, Professor an einer öffentlichen Schule, Gabriel Pavero de Fontana, Professor, Pietro Antonio de Burgo de Castilliono, Rechtsgelehrter, und für den Zusatzvertrag noch Nicolao, der Bruder des letztern.[2]

Nach dem Hauptvertrag treten zunächst die zuerst genannten fünf Personen auf die Zeit von drei Jahren zu einer Gesellschaft zusammen. Zweck derselben ist die Errichtung einer Druckerei mit vier Pressen, den nötigen Schriften und anderm Zubehör. Das Geld hierzu schießen die vier Nicht-Buchdrucker vor, während der Buchdrucker die Anschaffung der Pressen und der andern Utensilien damit zu besorgen hat. Die Lokalmiete wird von allen fünf Mitgliedern gemeinschaftlich bestritten.


Fußnoten

  1. Claudin a. a. O. S. 45–53. Vermiglioli, G. B., Principj della Stampa in Perugia e suoi Progressi. Perugia 1820. S. 65 fg.
  2. Frommann, Ed., Aufsätze zur Geschichte des Buchhandels im 16. Jahrhundert. Jena 1881. II, 99 fg., bearbeitet nach Publicae Tabulae foederis initi inter primos Typographos Mediolani anno 1472 die 4 Junii in: Argelati, Bibliotheca scriptorum Mediolanensium. Mediolani 1745. I, 447 fg.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/027&oldid=- (Version vom 1.8.2018)