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sich auch in die Buchbinderornamentik ein, sobald diese in den Ländern des Südens zum Bedürfnis geworden war. Die Orientalen selbst hatten – und haben, wie man an den persischen Lackbänden sehen kann, bis auf unsere Zeit – das gesunde Prinzip der Flächenverzierungen durch Linienkombinationen, welche bei scheinbarer Regellosigkeit doch einem festen Plane folgen, dasselbe Prinzip, welches in den Mosaik- und Stuckbekleidungen ihrer Wände zur Erscheinung kommt, auch für ihre Buchdeckel beibehalten. Hätte die spanische Inquisition nicht geglaubt, durch Verbrennen aller ihr in die Hände fallenden arabischen Bücher samt den kostbaren Einbänden ein gottgefälliges Werk zu verrichten, so würde wahrscheinlich die Genesis jener Buchbinderornamentik, welche wir nach Maioli oder Grolier zu benennen pflegen, deutlich vor Augen liegen. So aber läßt sich nur konstatieren, daß in Italien im 15. Jahrhundert der Geschmack an rauten-, gitter- und bandartigen Verzierungen auf Buchdeckeln aufgekommen ist. Aldus Manutius in Venedig, welcher Buchdruckornamente, und unter anderm sein Signet, auf Lederbänden abdrucken ließ, scheint auch zu den ersten gehört zu haben, welche orientalische Muster kopierten; ob er, wie Cundall[1] meint, sich dabei arabischer und griechischer Arbeiter bedient habe, muß dahingestellt bleiben. Derselbe Autor erwähnt ausdrücklich unter den ältesten Beispielen von Büchern mit geometrischen Mustern, Bandverschlingungen u. s. w. ein neapolitanisches Manuskript vom Ende des 15. Jahrhunderts im British Museum. Im nächstfolgenden Jahrhundert wurde die Liebhaberei an schönen Einbänden in Italien allgemein. Schon Nikolaus V. und andere hatten darauf gehalten, daß Schrift, Auszierung und Einband eines Buchs des Inhalts würdig sei; sie „verlangten und duldeten nur Schönes“. Für die Einbände in der Vaticana und in Urbino war Karmoisinsammet mit Silberbeschlägen vorgeschrieben.[2] Die spätern Päpste, Kardinäle, Fürsten, Barone und Gelehrten teilten diese schöne Neigung. Am meisten Bedeutung für die Entwickelung der Buchbinderkunst aber hatte ein Mann, von dessen Lebensverhältnissen nichts bekannt ist, Tommaso Maioli, dessen Name auch nur dadurch überliefert ist, daß er auf den Deckeln seiner Einbände die ganz im Geiste des Humanismus gedachte Inschrift setzen ließ: Tho. Maioli et Amicorum. Diese Bände, Leder – und zwar meistens braun, oder olivengrün, oder schwarz – sind in der Regel von einem großen Band- oder Cartouchenmuster, in Blindpressung,


Fußnoten

  1. A. a. O. S. 27.
  2. Burckhardt, Cultur der Renaissance. 3. Aufl. I, 239.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_04.djvu/036&oldid=- (Version vom 1.8.2018)