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mangeln, und er macht es wahrscheinlich, daß mit dem ältern Verfahren (Aufdrücken der Form auf das Papier) auch der Gebrauch „öliger schwarzer Farbe, welche häufig dick, ungleichmäßig, abgerissen und mit unreinen Contouren der Striche aufgetragen ist“, zusammenfalle, wogegen die dünnere, flüssigere, ins Braune oder Graue spielende Farbe für die Reiberdrucke charakteristisch sei. In seiner citierten scharfsinnigen Untersuchung tritt er auch der Ansicht entgegen, daß in der Frühzeit des Bilddrucks die Form häufig in Metall anstatt in Holz geschnitten worden sei. K. Fr. von Rumohr, welcher in vieler Beziehung als Bahnbrecher für die Kunstwissenschaft verehrt werden muß, hatte nämlich die Vermutung geäußert[1], daß schon frühzeitig Abklatsche von Holzschnitten in Metall genommen worden sein möchten, und T. O. Weigel[2] und J. D. Passavant[3] hatten, ohne diese Ansicht zu teilen, angenommen, daß eine dem Letternmetall entsprechende Komposition in den Fällen von dem Formschneider als Material verwandt worden sei, wo im Abdruck sich einzelne Linien verbogen darstellen oder die Farbe fleckig erscheint. Hiergegen wird von Lippmann außer anderm geltend gemacht, daß dergleichen Verbiegungen der Linien auch auf Fehlern im Holz, auf Ungeschicklichkeit des Schneidenden, auf Unebenheiten im Papier oder Verziehung desselben beruhen können; endlich, daß bisher nicht eine solche Metallplatte entdeckt worden ist. Die wenigen bekannten Abdrücke von in Kupfer geschnittenen Bildformen gehen kaum weiter als auf das Jahr 1500 zurück. Im übrigen hat die Meinung, daß die Technik des Clichierens schon in der Frühzeit der Buchdruckerkunst wenigstens Einzelnen geläufig gewesen sein müsse, durch die Wahrnehmung Anhänger gewonnen, daß in Holz geschnittene Initialen sich in einer und derselben Druckform ganz genau übereinstimmend wiederholen, z. B. bei Erh. Ratdolt in Augsburg.

Wann man überhaupt angefangen habe, Heiligenbilder, Spielkarten u. dgl. m. vermittelst des Holzmodels zu vervielfältigen, wird wohl nie festgestellt werden können, da dergleichen Einzeldrucke zu ihrer Zeit nicht gesammelt, sondern nur durch Zufall auf uns gekommen sind und dann meistens jeder Anhalt für ihre genaue Datierung mangelt. Die frühesten urkundlichen Nachrichten von Druckern stammen aus den Niederlanden. In Aktenstücken von 1417 im städtischen Archiv zu Antwerpen wird mehrmals Jan de printere erwähnt, und zwar einmal als Schuldner eines


Fußnoten

  1. Zur Geschichte und Theorie der Formschneidekunst. Leipzig 1837. S. 96 fg.: „Vom Alter des Gebrauches, Formschnitte durch den Guß zu vervielfältigen.“
  2. Weigel und Zestermann, Die Anfänge der Buchdruckerkunst in Bild und Schrift. 2 Bde. Leipzig 1866.
  3. Le Peintre-graveur. 6 Bde. Leipzig 1860-1864.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_04.djvu/020&oldid=- (Version vom 1.8.2018)