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und 16. Jahrhunderts genau überein mit dem Wappen der von 1260 bis 1387 in Verona herrschenden Scaliger, an deren Grabmal es als Gittermotiv vielfach verwendet worden ist. Daß jedoch diese Marke nicht einer einzigen Fabrik angehört hat, zeigen die verschiedenen Einrahmungen derselben in Ring- oder Schildform, die Hinzufügung eines Sterns u. s. w., besonders aber die im Papier einer Zeichnung Michel Angelo’s aus der Zeit von 1541 bis 1563 (in Oxford) befindliche veränderte Form einer langen Leiter von gleichbleibender Breite.[1] Ein Helm mit gehörnter oder geflügelter Büste in dem Papier eines paduaner Dokuments deutet auf Francesco Carrara, den Capitano generale von Padua von 1355 bis 1388. Ein Brief Michel Angelo’s vom 26. Oktober 1520 (im British Museum) zeigt in einer Kreislinie das Eichbäumchen des Hauses Rovere, welchem die Päpste Sixtus IV. und Julius II. entsprossen waren; ein anderer, ebendaselbst befindlicher Brief dieses Künstlers vom Jahre 1555 den Schild mit fünf Halbmonden: das Wappen der Piccolomini.[2] Die schmale Schildform, die von so vielen Bildwerken der italienischen Renaissance, Trophäen u. s. w. allbekannt ist, darf an sich schon als charakteristisch italienisch angesehen werden.

Andere Zeichen sind unzweifelhaft französische Sinnbilder. Die Lilie kann nicht unbedingt hierher gerechnet werden, da diese in Wappen verschiedener Länder erscheint; aber am frühesten und häufigsten ist sie doch in nordfranzösischen Dokumenten aufgefunden worden, so in einfacher Form, dann mit zwei Kleeblättern oder mit einem Halbmond aus den Jahren 1350 bis 1380. Ungefähr 1400 findet sich das französische Wappen, der Schild mit drei Lilien, welchem später ein Kreuz mit den Leidenswerkzeugen, eine Streitaxt, ein Krummstab, ein Buchstab u. a. beigefügt ist; daran reihen sich die Wappen einzelner Landschaften, häufig mit der Lilie in Verbindung gebracht: der Delphin der Dauphiné (1460), der Lilienschild mit einem sogenannten Turnierkragen oder Rechen am obern Rande – Anjou (1465), die mit Antoniuskreuzen besetzten Schrägbalken von Troyes (1468), das Wappen von Paris (1488), ein Schild mit der Lilie und dem Worte lile – Lille oder Ryssel (ungefähr 1470). Da Frankreich und Burgund durch lange Zeit die Nachbarländer mit Papier versorgten, erklärt sich das Vorkommen solcher oder ähnlicher Wasserzeichen in Straßburg, im Haag, in Utrecht, und ebenso wenig auffallend ist die Verpflanzung derselben nach England durch Caxton.


Fußnoten

  1. Urbani a. a. O.; Robinson a. a. O. Vergl. Anm. 18.
  2. Robinson a. a. O. Vergl. Anm. 18.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_04.djvu/011&oldid=- (Version vom 1.8.2018)