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der Grammatiker. Von besonderer Bedeutung ist es sogar, daß darunter schon in den siebziger Jahren Aristoteles, Juvenal, Persius, Virgil, Cicero, Ovid, Poggius glänzen.

Bis zum Ausgange des Jahrhunderts waren in Löwen noch acht Typographen thätig, worunter auch die schon genannten Johann Veldener und Dierck Martens. Die Drucke aller acht zusammengenommen betragen nun zwar an Zahl noch nicht die Hälfte der von Johann von Westfalen gelieferten (bis zum Jahre 1500 zählt man im ganzen etwa 250 löwener Drucke); dagegen gelangte aber auch Dierck Martens’ Offizin zu einer viel intensivern Bedeutung.[1] Er war ein Gelehrter von Ruf und nach dem Zeugnis des Erasmus ein Freund von Gelehrten ersten Ranges. Martens schrieb fertig Griechisch und Hebräisch, sprach Lateinisch, Deutsch, Französisch und Englisch und liebte den heitern Lebensgenuß, namentlich den Wein. Seine Devise war: „In vino veritas!“ Er übte nicht allein in Löwen, sondern auch in Antwerpen seine Kunst aus und hatte bis zu seinem 1534 erfolgten Tode eine ruhmvolle, fast sechzigjährige Thätigkeit hinter sich, während welcher er etwa 150 griechische, hebräische und lateinische Bücher gedruckt hatte. Seine Schriften sind von ihm selbst und zwar sehr gut geschnitten, seine Drucke aber vortrefflich ausgeführt. Sein erster griechischer Druck stammt aus dem Jahre 1501.

Dem berühmten flandrischen Handelsplatz Brügge wurde die Einführung der Typographie im Jahre 1476 durch Colard Mansion, einen Schönschreiber, zuteil; sein Name kommt schon von 1454 bis 1468 in den Registern der St. Johannis-Gilde vor. Sein erster Druck, undatiert, ist „Le Jardin de Devotion“ mit dem Kolophon: „Primum opus impressum per Colardum Mansion, Brugis. Laudetur omnipotens“, sein erstes datiertes Werk die französische Übersetzung von Bocaccio’s „Buch von berühmten Männern und Frauen“ (von 1476). Wahrscheinlich hat Mansion die Buchdruckerkunst in Köln, wo er mit William Caxton zusammengetroffen sein mag, erlernt; aber verbürgt ist dies keineswegs. Jedenfalls haben die Charaktere dieser beiden Typographen eine außerordentliche Ähnlichkeit, die um so bemerkenswerter ist, als in ihren Lettern zum ersten mal der Charakter der französischen Bâtardetype auftritt. Mansion druckte bis 1484 24 Werke, von welchen nur vier die Firma tragen, ein zweiter Drucker in Brügge, Johann Brito, um 1488 drei.


Fußnoten

  1. Lambinet, Origine de l’Imprimerie. II, 97–170. – Bernard. De l’Origine de l’Imprimerie en Europe. II, 401. – Van Iseghem. La Biographie de Thierry Martens. Malines 1852. – Holtrop. Thierry Martens d’Alost. La Haye 1867.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_03.djvu/036&oldid=- (Version vom 1.8.2018)