Seite:Geschichte des Dt Buchhandels 1 03.djvu/026

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Von den übrigen französischen Städten ist während des ganzen 15. Jahrhunderts nur wenig und auch im 16. verhältnismäßig nicht viel zu berichten. In Troyes, in dessen Nähe sich viele Papierfabriken befanden, wurde das erste Buch, ein Breviarium, 1483 ohne den Namen des Druckers gedruckt; in Rouen führte eine vornehme deutsche Familie von Marneff, deren Glieder schlechtweg L’Allemand genannt werden und später sich auch an andern Orten einbürgerten, im Jahre 1494 die Druckerkunst ein. Sie nahm nämlich einen geschickten Techniker, Martin Morin, unter ihren besondern Schutz, ließ ihn in Paris und Deutschland ausbilden und versah ihn nach seiner Rückkehr mit einer vollständig eingerichteten Buchdruckerei. Er entwickelte eine erfolgreiche Thätigkeit und bildete in der Folge eine gute Schule von Setzern.[1] Ein anderer bedeutender Drucker aus Rouen war Peter Maufer, den die Marneffs, wie es hieß, ebenfalls auf ihre Kosten ausbilden ließen. Er arbeitete von 1474 bis 1477 in Padua, 1480 in Verona, 1483 in Venedig und 1491 in Modena. Ein dritter, Wilhelm Signere, druckte 1496 „Franchini Garfurii Practica Musicae“ in Folio und 1498 „Caelius Apicius de Re Coquinaria“ in Quart. In Tours, welches heutzutage zu den bedeutendsten Druckorten Frankreichs zählt, erschien zwar auch schon 1485 ein „Missale Turonense“; indessen ist es fraglich, ob es hier auch gedruckt ward. Es fehlt nämlich der Name des Druckers, und zu derselben Zeit taucht auch in der benachbarten Diöcese Chartres ein mit denselben Typen zwei Jahre früher hergestelltes Missale auf. Der erste namentlich bekannte Drucker in Tours ist dagegen Simon Porcelet, der 1494 mit einem Breviarium der Kirche St. Martin in Tours hervortrat.[2] Er verschwindet aber sehr bald, und wenn er auch die Kunst in Tours eingeführt haben mag, so bildete Mathias Latherac (1492 bis 1521) sie doch erst aus. Im Jahre 1496 druckte er „Die Wunder des heiligen Martin“ für den Buchhändler Johann aus Lüttich, Chef der Familie Marneff, und 1497 den „Manipulus Curatorum“. Das 16. Jahrhundert mit seinen Bürgerkriegen legte die fast ausschließlich theologische Schriften liefernde Druckerthätigkeit von Tours so ziemlich lahm, höchstens verdient noch Johann Rousset (1535 bis 1562) genannt zu werden. Von den beiden bedeutendsten Handelsstädten Frankreichs aber erhielt Bordeaux seine erste Presse nicht früher als 1529 und Marseille sogar erst im Jahre 1594.


Fußnoten

  1. Didot a. a. O. S. 895.
  2. Giraudet, E., Les Origines de l’Imprimerie à Tours (1467–1550). Tours 1881. S. 29–34 u. 41–48.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_03.djvu/026&oldid=- (Version vom 1.8.2018)